Donnerstag, 28. Mai 2020

Eine Gewerkschafts-"Bombe", die bloss eine Seifenblase war



Die Medien verbreiten – ausgehend offenbar von einer Initiative aus Gewerkschaftskreisen – aktuell ein Urteil des Bundesgerichts vom April 2019, in dem dieses festhielt, dass Arbeitnehmer, die Home-Office betreiben, vom Arbeitgeber dafür entschädigt werden müssen. Auch dann, wenn das Home-Office nicht ausdrücklich verlangt bzw. angeordnet worden ist. Sehen wir einmal darüber hinweg, dass das Bundesgericht hier einen ganz bestimmten Einzelfalle behandelte, dessen Einzelheiten nicht einfach verallgemeinert werden können.

Was die Medien beim Thema aber geflissentlich verschweigen, ist, dass in der aktuellen Lage dem Arbeitnehmer die Sicherheit seines Arbeitsplatzes eigentlich wesentlich wichtiger sein sollte, als eine Extraentschädigung für sein Home-Office. Wer Home-Office hatte, war zudem verglichen mit jenen, deren Geschäft oder Firma ganz einfach geschlossen war, noch sehr gut dran. Viele Arbeitnehmerinnen stehen heute vor dem Nichts. Da stehen Mehr-Forderungen von Gutverdienenden schräg in der Landschaft.

Das Urteil des Bundesgerichts verlangt indirekt nach zusätzlichen Regelungen für die Sozialversicherungen und das Steuerrecht. Denn dort galten bislang solche Zuwendungen des Arbeitgebers als Lohnbestandteile. Konsequenterweise werden sie deshalb einerseits besteuert und unterliegen andererseits der Prämienpflicht für die Sozialversicherungen. Die Gesetzgebung ist also gefordert, hier erst mal für Klarheit zu sorgen. Der Arbeitgeber, die Unternehmen sollen nach der Corona-Krise nicht noch rechtliche Differenzen mit den Ausgleichkassen und den Steuerämtern ausfechten müssen. Sie haben wirklich schon genug Belastungen zu bewältigen.


Die Arbeitnehmer und allen voran die Gewerkschaften, die sich gerne als deren Interessenvertreter verstehen, sollten sich ihrerseits mit Forderungen zurückhalten. Eine Lehrperson, eine Treuhänderin, eine Architektin oder ein Ingenieur werden jetzt nicht zum Sozialfall, weil sie ihr privates W-LAN vermehrt auch für den Job benutzt oder im Wohnzimmer mit dem Laptop auf dem Schoss gearbeitet haben. Direkte Mehrkosten sind daraus ja in den allermeisten Fällen nicht entstanden. Reinigungsfachleute und Verkäuferinnen dagegen, die weniger verdienen und deshalb von den Gewerkschaften sonst gerne als Beispiele genannt werden, kennen nun mal berufsbedingt kein Home-Office.

Für die Home-Officer fielen ausserdem nicht nur «Mehrkosten» an. Transfer-Zeiten und -Kosten sowie die Auswärts-Verpflegung etwa fielen weg. Sie müssten realistischerweise mit den ICT-Kosten gegenverrechnet werden. Am Ende dieser Rechnerei wird dann trotz Bundesgerichtsentscheid wenig übrigbleiben. Mal abgesehen vom Rechenaufwand.


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