In Zürich versammelten sich am 7. März mehrere hundert Frauen zur unbewilligten Demonstration. Unbewilligt deshalb, weil sie bewusst keine Bewilligung einholen wollten. Ihre Anliegen erachteten sie als derart wichtig und gerechtfertigt, dass ihre Kundgebung keiner behördlichen Bewilligung bedürfe. Dabei setzten sich die Demonstrantinnen auch gleich über die Bestimmungen von Bund und Kantonen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus hinweg. Ebenfalls ungeachtet dieser Präventions-Regelungen gingen einen Tag später Hunderte von Frauen an verschiedenen Orten der Schweiz auf die Strasse.
Mit dieser Haltung dem Recht gegenüber stehen diese demonstrierenden Frauen nicht allein da. Junge Klimaaktivisten reklamieren ebenfalls für sich, ungestraft Hausfriedensbruch begehen zu dürfen. Einige von ihnen schliessen dabei grosszügig auch Sachbeschädigungen mit ein. Ihr Anliegen sei schliesslich derart ehrenhaft und ihre Ziele ethisch undiskutabel richtig und von höchster Qualität, dass sie sich nicht nur über Recht und Ordnung hinwegsetzen dürften, sondern sogar müssten. Kürzlich forderten in Zürich Klimaaktivisten von demokratisch gewählten Parlamentariern, dass sie sich im Namen des Klimaschutzes über demokratisch legitimierte Regeln hinwegsetzen sollten.
Solches Verhalten erinnert fatal an jene, die – in vielen vergangenen Jahrhunderten wie in der jüngsten Gegenwart – im Namen ihres Gottes oder ihrer Ideologie alles rechtfertigten. Selbst Mord und Totschlag, Terror und schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Natürlich wiegen diese Demonstrationen und Hausbesetzungen niemals derart schwer. Verglichen seien hier deshalb auch nicht die Taten, sondern allein das Gedankengut, das dahintersteckt. Wer sein Tun ausserhalb von demokratisch legitimiertem Recht mit seiner persönlichen Überzeugung, seinem persönlichen «Ideal», einem Gott oder Götzen welcher Art auch immer rechtfertigt, ist über alle Massen anmassend. Er geht nämlich davon aus, dass nur er selber im Besitz des Rechts oder der Wahrheit ist und deshalb über alle(s) verfügen kann.
Dieses Denken und Handeln ist der Demokratie und deren Rechtsstaat diametral gegenübergestellt. Nicht die Mehrheit der Stimmenden entscheidet darüber, was rechtens ist, sondern allein mein Gewissen. Und ich gehe davon aus, dass es mein Gewissen stets besser weiss, als die demokratisch legitimierte Mehrheit. In der Quintessenz bedeutet das: ich muss mich nur an jene Gesetze und Regeln halten, die auch mein Gewissen als richtig erachtet. Diese Ideologie zu tolerieren bedeutet, unsere Humanität, unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat zu relativieren. Er wird nur noch dann von mir toleriert, wenn er meinen persönlichen Interessen dient. Ist das nicht der Fall, darf ihn jeder unter Berufung auf sein Gewissen oder auf seine von ihm selbst gesetzten «höheren Ziele» missachten.
Diese Entwicklung weiter zu denken oder gar fortzuführen würde in einem inhumanen Chaos, in der Diktatur Weniger über Viele enden. Dass ausgerechnet die Linke dafür so viel Sympathien hegt, ist eine Ironie der Geschichte. Hat sie doch jahrhundertelang dafür gekämpft, dass Adel, Klerus und Aristokratie ihre Vorrechte verloren haben. Damit endlich nicht mehr einige Wenige über Viele zu bestimmen hatten.
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