Aufatmen ist angesagt. Das Schlimmste der Corona-Pandemie scheint in der Schweiz – und wohl auch in unseren Nachbarländern – vorerst überstanden zu sein. Die Neuinfektionen und vor allem die Spitaleinweisungen sind seit Tagen rückläufig. Die Spitäler haben wieder Platz. Soviel Platz, dass Pflegepersonal und Ärzte teilweise Kurzarbeit leisten (müssen), weil die Pandemie zu viele Spitalbetten geleert hat. Ganze Abteilungen sind ebenso leer wie Privatpraxen. Die Schweiz scheint so gesund zu sein wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Dem ist aber nicht so. Die Patienten bleiben bloss zu Hause, weil sie Angst davor haben sich im Spital oder in der Arztpraxis mit dem Virus anzustecken – und so ihr Leben zu gefährden. Damit werden nicht nur die sogenannten Wahloperationen herausgeschoben; Eingriffe also, die zeitlich nicht dringend sind. Auch an sich schwerkranke Patienten bleiben den Spitälern fern.
Das kann aber nicht lange gut gehen. Sobald der Bundesrat den – wie die Entwicklung zeigt wohl falschen – Stopp der zeitlich nicht dringlichen Operationen aufhebt, wird auf die Spitäler eine Flut von Patienten zukommen. Und es zeichnet sich ab, dass die betagten Mitbürgerinnen damit eine neue Gefahr fürchten müssen. Denn sollten sie während dieser «Welle» schwer erkranken, werden sie auf volle Spitäler und gestresstes medizinisches Personal treffen. Und erneut wird die Frage im Raum stehen, nach welchem Lebensjahr sich welcher medizinische Aufwand noch lohnt. Dass zudem für einen Teil der Operationen und Behandlungen die nötigen Medikamente im Moment rar sind oder gänzlich fehlen, macht die Sache auch nicht besser.
Mit anderen Worten: auch wenn unsere Betagten die Corona-Viren unbeschadet überstanden haben, sind sie noch nicht «aus dem Schneider». Es ist die Verantwortung und Verpflichtung der Politik, nun schnellstmöglich zu handeln und alles vorzukehren, dass diese «Spital-Welle» nicht zu ungebührlichen Opfern, zu "Kollateralschäden" unter unseren Betagten führen wird. Dass der zuständige Bundesrat da einen Nachmittag in einem (medizintechnisch betrachtet) Spitzenspital zubringt und sich beeindrucken lässt, löst noch kein einziges Problem. Man fragt sich höchstens, warum Berset als Verantwortlicher für das Gesundheitswesen sich nicht schon längst direkt vor Ort informiert hat.
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