Donnerstag, 2. April 2020

Denke in der Zeit...


Die Corona-Krise wird in die Geschichtsbücher eingehen. Etwa so wie die Erdölkrise in den siebziger Jahren. Ein Schock für die Wirtschaft, der neben ein paar wenigen Gewinnern vor allem Verlierer hinterlässt. Dabei ist nicht in Stein gemeisselt, dass auf den gesundheitlichen Schock eine langanhaltende wirtschaftliche Schockstarre folgen muss. Die Chinesen haben bereits wieder damit begonnen, ihre Wirtschaft hochzufahren. Gut, das könnten wir ja auch, sobald die Zahl der Neuansteckungen ein tiefes Niveau erreicht hat und dort verharrt.


Aber reicht das, um eine längerdauernde wirtschaftliche Baisse oder gar eine anhaltende Rezession zu vermeiden? Um im Diagramm des Wirtschaftswachstums statt eines überbreiten «U»s ein «V» zu zeichnen? Wahrscheinlich nicht – ausser wir nützen die Zeit nun, um kreativ und visionär zu sein, anstatt bloss Netflix und Co. zu Umsatz zu verhelfen oder auf öffentliche Hilfsgelder zu warten.


Es wird Branchen geben, die werden schon bald nichts mehr von der Corona-Krise spüren. Wer jetzt die neuen Schuhe nicht kaufen kann, weil sein Lieblingsschuhgeschäft geschlossen hat, wird dies halt tun, sobald das Schuhgeschäft wieder geöffnet ist. Wer sich in diesem Frühjahr einen neuen Wagen leisten wollte, wird diesen dennoch kaufen – eben etwas später. Und die Coiffeur-Salons werden sowieso nach der Wiedereröffnung bestürmt werden. Es sei denn, die Haarmode würde in diesen Tagen sogleich und spontan in Richtung «Beatles»-Look ändern.


Andere Branchen werden etwas länger benötigen, um sich zu erholen. Wie rasch sich etwa der internationale Handel wieder auf das alte Niveau einpendelt, ist ungewiss. Im Moment scheint ja der Trend erneut hin zu nationalem Protektionismus zu gehen. Würde dieser fortgesetzt, wären viele Arbeitsplätze in Gefahr und die wirtschaftliche Erholung würde auf lange Sicht deutlich eingebremst.

Vielleicht werden die Konsumenten und Bürger aber auch ein paar liebgewordene Gewohnheiten über Bord werfen. Vielleicht wird das Home-Office zusammen mit dem Online-Unterricht zum neuen Mainstream und die Pendlerzahlen brechen ein? Büroräume gibt es dann plötzlich viel zu viele, während die Nachfrage nach grösseren Wohnungen steigt – wer will schon im Kinderzimmer oder in der Wohnstube auf Dauer sein Home-Office einrichten?



Dann fahren die Pendlerzüge unerwartet weiterhin halbleer. Die Trams und Busse auch. Nur die täglichen Staus auf den Strassen bleiben – aber vielleicht zu anderen Zeiten als einst von den Verkehrsplanern prognostiziert. Die Umstellung vom Selber-Einkaufen vor Ort  zum Online-Einkaufen wird vielleicht – befördert durch diese Krise und deren Zwang zum Online-Geschäft – einen Quantensprung machen wie in den 60er Jahren jener vom bedienten Dorfladen und seiner Theke zum Selbstbedienungssupermarkt.

Die Krise verschiebt die Wahrnehmung und die Bedürfnisse der Menschen. Sie beeinflusst ihr Verhalten über die eigentlichen "Corona-Wochen" hinaus. Das bietet Chancen für die Wirtschaft und für die Politik. Aber es wird auch neue Verlierer generieren. Die Corona-Krise bietet – mit anderen Worten – für die kreativen Denkerinnen und Denker eine grosse Chance. Was von all dem, das nun in unseren Köpfen passiert, wird sich auf unser Verhalten auswirken? Und in welcher Form wird es das tun? Wir und die Welt werden nicht mehr die gleichen sein nach Corona wie vor Corona. Das steht fest. Wer das akzeptiert und sich gleichzeitig überlegt, was das für seinen Job, für seinen Gewerbebetrieb, für sein Unternehmen bedeuten wird, welche Chancen und neuen Möglichkeiten sich daraus ergeben: der wird künftig Erfolg haben. Der wird «durchstarten» können am Ende der Krise, weil er sich auf «die Zeit und die Welt danach» rechtzeitig eingestellt und vorbereitet hat.

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