Die Finma hat den Ball, der von der Linken nur zu gerne ins Spiel gebracht wird, mit medialem Rauschen mitten hineingeworfen. «Dividenden geraten in Verruf» titelte in diesen Tagen selbst eine an sich seriöse Tageszeitung. Gemeint war hier der Vorstoss der Finma, der auf die Dividenden der Banken abzielt. Denn die Finma ist die Finanzmarktaufsicht des Bundes und ihr Anliegen ist eine ausreichende Geldversorgung der Banken. Da die Dividende einen Abfluss flüssiger Mittel darstellt, machte die Finma hier einmal mehr in grosszügiger Auslegung ihrer Aufgabe Wirtschaftspolitik, indem sie die Banken mehr oder weniger ultimativ dazu aufforderte, gefälligst in diesem und am besten auch gleich im nächsten Jahr auf Dividendenzahlungen zu verzichten.
Nur zu gerne wurde in der Öffentlichkeit flugs aus dieser bankenpolitischen eine allgemeine wirtschafts- und sozialpolitische Massnahme. Am besten sollten doch alle Unternehmen in dieser Krise auf die Dividenden verzichten. Die Aktionäre, die ja sowieso reich sind, sollten doch wie die Arbeitnehmer in diesen schweren Zeiten Verzicht leisten. Die Linke sagt: «Danke» und nimmt das Thema gleich für sich in Beschlag.
Aber wie verhält es sich denn in realiter mit diesen Dividenden? In der Schweiz sind von mehr als 400'000 Unternehmen weniger als 300 börsenkotiert. Unternehmen also, deren Aktionariat (international) breit gestreut ist. Die allermeisten sind dagegen Familien- oder Einzelunternehmen. Dividenden zahlen nur Aktiengesellschaften und GmbHs; Einzelunternehmen können das nicht.
Der allergrösste Teil der Schweizer AGs und GmbHs sind also Familienunternehmen. Das heisst, die Aktien befinden sich hier – meist zu 100% – in der Hand der Gründer- oder Besitzerfamilie. Dividenden sind der Preis, den die Unternehmen den Geldgebern dafür bezahlen, dass sie ihnen Geld leihen. Keine Bank leiht einem Unternehmen Geld, das nicht über ein gesundes Eigenkapitalpolster verfügt. Dafür ist erst einmal das finanzielle Engagement eines Privaten nötig. Weder eine Bank noch ein Privater und schon gar keine Pensionskasse leihen zudem einem Unternehmen Geld, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Im Normalfall in Form von Zinsen, bei Aktien und Anteilen eben in Form einer Dividende.
Erhält ein Aktionär eine Dividende, so stellt diese für ihn steuerlich Einkommen dar. Das heisst: von 100 Franken gehen schon mal 30-40 Franken weg für die Einkommenssteuer. Vom Rest ist noch die Vermögenssteuer zu entrichten. Bleibt dann noch was übrig, so ist dies die Entschädigung für den Geldverleih und deckt im besten Fall das Risiko ab, das der Geldgeber mit seinem Engagement in einem Unternehmen eingeht. Er könnte sein Geld stattdessen ja zum Beispiel auch in 100% sicheren Bundesobligationen anlegen.
Weil ein Unternehmen die Dividende aus dem bezahlen muss, was sie verdient, also aus seinem Gewinn, ist dieses Geld auch bloss derjenige Teil, der nach der üblichen Gewinnsteuer, die an den Staat geht, noch bleibt. Das heisst, wenn mir ein Unternehmen gehört, muss dieses jährlich neben der Mehrwertsteuer eine Substanz- und eine Gewinnsteuer abliefern. Ich als Inhaber versteuere den Unternehmenswert nochmals als Vermögen und wenn das Unternehmen Gewinn macht, bezahlt es eine Gewinnsteuer und ich bezahle von der Dividende nochmals Einkommenssteuer.
Der Staat, der keinerlei Unternehmensrisiko trägt, langt also gleich mehrfach zu. Das tut er selbst dann, wenn das Unternehmen keinen Gewinn schreibt. Wenn also die Jahresabschlüsse 2020 wegen der Corona-Krise negativ ausfallen, werden dennoch mindestens eine Substanzsteuer und eine Vermögenssteuer fällig werden. Eine Dividende wird dann im Normalfall aus aktienrechtlichen Gründen kaum möglich sein.
Wenn jetzt nach Verzicht gerufen wird, wären demnach jene zuallererst gefragt, die am häufigsten und am stärksten zulangen bei den Unternehmen: die Steuerämter bzw. die öffentliche Hand. Der Ruf nach Steuerverzicht und Steuerreduktionen wäre wirkungsvoller und nützlicher als die Dividende in Verruf zu bringen. Denn Letzteres würde in der Konsequenz bedeuten, dass es nicht mehr lohnend oder sogar «unanständig» wäre, sein Geld in Unternehmen anzulegen. Und das wäre dann die wirkliche Katastrophe für die Wirtschaft und damit für die Arbeitsplätze. Die Familienunternehmen leisten viel in diesen Wochen und Monaten. Ohne ihr finanzielles Engagement und ohne ihre persönlichen Opfer würden Zehntausende Arbeitsplätze mehr verloren gehen. Statt von ihnen noch mehr zu fordern, wären jetzt Zeichen vom Staat nötig. Und das nicht in jene Richtung, die kürzlich eine SP-Nationalrätin gefordert hat: "Höhere Steuern für Unternehmen." Kein vernünftiger Bauer wird aus der kranken Kuh den letzten Tropfen Milch auspressen, weil er weiss, was er mit ihrem Verlust Alles mit verlieren wird.
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