Es wird zu viel geschrieben und zu viel gesprochen über dieses Corona-Virus. Die Medienschaffenden rennen seit Wochen diesem Thema hinterher – täglich noch einen Zacken schneller. So jedenfalls nimmt es der Rezipient wahr. Und bereits sind die Stimmen zahlreich, die sich davon abwenden: «Ich mag das nicht mehr hören und lesen.» Diese Leute hören gar nicht mehr hin, wenn neue Bestimmungen kommuniziert werden; wenn neue Verhaltensregeln verordnet werden.
Das kann aber nicht das Ziel der Medien sein. Die Leute zu übersättigen, schon bevor die Krise ihren Höhepunkt erreicht hat. Da läuft etwas schief. Das Informationsbedürfnis der Rezipientinnen ist zwar durchaus vorhanden und sogar gross. Aber es wird nicht mit Masse befriedigt, sondern mit guter, weil zweckdienlicher Information. Meine Fragen werden nicht beantwortet, wenn ich Bilder vorgesetzt bekomme und Texte über die vielen Beerdigungen in Italien zu lesen kriege. Wenn schon, wäre es hilfreich und eben gerade keine Panikmache, wenn ich erführe, wie viele Beerdigungen denn normalerweise in Mailand zum Beispiel zu dieser Zeit üblich sind pro Woche. Und wie viele mehr es nun wegen des Corona-Virus sind. Das würde wohl die Gemüter eher beruhigen – aber vielleicht die «Story töten»?
Wenn der Bundesrat Massnahmen bekannt gibt, die Viele von uns sofort – andere erst mit Verzögerung – den Arbeitsplatz kosten, die uns alle in einem Masse einschränken, wie wir das uns als Bürger eines freien Landes nicht gewohnt sind. Und wenn der Bundesrat diese drastischen Massnahmen mit den neusten Infizierten-Zahlen rechtfertigt, möchte ich gerne von den Journalistinnen wissen: «Wie viele Personen werden denn aktuell pro Tag getestet? Wie viele waren es vor einer, vor zwei Wochen? Warum stimmen die Zahlen der Medienagentur Keystone-SDA nicht mit jenen des BAG überein? Haben einzelne Kantone so lange keinen Corona-Fall gehabt, weil sie einfach (nicht) nicht getestet haben? Wie viele der Corona-Infizierten müssen wirklich hospitalisiert werden? Sterben alle im Spital oder manche auch zu Hause? (etwa weil ihr Fall falsch eingeschätzt wurde oder weil im Spital kein Platz mehr ist)» Wie viele Todesfälle zählt die Schweiz normalerweise pro Woche? Wie viele Tote forderte in dieser "Saison" die Grippe? etc. Fragen zu beantworten, ist zwar weniger "sexy" als Schlagzeilen zu kreieren. Aber es hilft mit die Lage in den Griff zu bekommen, weil Vernunft bzw. Argumente länger anhalten als reine Emotionen und weil diese Ruhe statt Unruhe stiften.
Es gäbe genug zu recherchieren und zu erarbeiten. Auch wenn es schwieriger sein dürfte, Antworten auf solche Fragen zu geben, als über das Stimmungsbarometer im Betagtenpflegeheim zu berichten. Oder über jene Fragen zu spekulieren, auf die im Moment sowieso niemand eine Antwort weiss. In einer Krise ist auch von den Medien – besonders von jenen, die von unseren Zwangsgebühren leben – eine besondere Leistung erforderlich. Und diese wird nicht daran gemessen, wie viele Zeitungsseiten oder wie viele Sendeminuten gefüllt werden. Sondern daran, womit dieser Platz und diese Zeit gefüllt werden. Und darin haben die meisten Schweizer Medien noch deutlichen Verbesserungsbedarf.
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