Mittwoch, 11. März 2020

Solothurn - das "ewige Potenzial"?

Von Sportlerinnen, die im besten Alter nicht die Leistungen erbringen, die man sich von ihnen in jugendlichen Jahren erhofft hatte, spricht man als von den «ewigen Talenten». In diesem Sinne wäre der Kanton Solothurn so etwas wie ein «ewiges Potenzial».

In den 1970-er Jahren herrschte im Kanton Solothurn «Heulen und Zähneknirschen». Die Uhrenindustrie hatte den Anschluss an die technische Entwicklung verpasst und lag am Boden. Etwa gleichzeitig erging es der Papier-, der Schuh- und der Stahlindustrie ähnlich. Der Kanton war in seiner Wirtschaftskraft sehr hart getroffen. Offenbar auch in seinem Selbstverständnis. Denn die Uhrenindustrie hat sich inzwischen erholt und boomte in den vergangenen zehn Jahren mehr als je in ihrer Geschichte. Zudem hat sich – quasi in deren Schlepptau – eine neue Branche rasant entwickelt: die Medizinaltechnik.

Seit den frühen 1980-er Jahren hat der Kanton Solothurn bzw. seine Regierung Studien in Auftrag gegeben, wie der Kanton sein Potenzial besser nutzen und auf welche Weise er erfolgreich(er) in die Zukunft gehen könnte. Sensationell waren die Schlussfolgerungen der Studien selten. Umgesetzt wurden von den Ratschlägen der Experten aber – wenn überhaupt – nur die wenigsten.

Die Wirtschaftskraft des Kantons Solothurn ist seither auf tiefem Niveau verharrt. Entwickelt haben sich eigentlich nur die meisten der Nachbarkantone. Es vergeht kaum ein Quartal, in dem nicht irgendein Experte dem Kanton Solothurn Potenzial bescheinigt. Kürzlich war es Claudio Saputelli, ein anerkannter und erfahrener Fachmann, Leiter Swiss & Global Real Estate bei der UBS Schweiz. Während er hingegen erklärte, dass «Co-Working» seine besten Zeiten hinter sich hat, jubeln in Solothurn Lokalpolitiker und Medien über eine entsprechende Planung eines Investors. Da hinkt offensichtlich jemand der Entwicklung hinterher.

Saputelli betonte, es gebe Kantone, die sich und ihr Potenzial «viel besser» vermarkten würden als Solothurn. Hier gebe es ein grosses Nachholpotenzial. Der Immobilienspezialist hatte logischerweise vor allem das Wohnen im Blick. Der Kanton hat mit seiner «Standortstrategie 2030» noch weitere Themen im Fokus. Die Frage bleibt nur – wie schon so oft – wer soll und wird das umsetzen (können)? Dazu sind Kreativität, Visionen, Mut zum Risiko und die nötige Tatkraft erforderlich. Noch warten wir auf die Persönlichkeiten in Parlament und Regierung mit diesen Fähigkeiten. Wie meinte doch einmal (sinngemäss) ein sehr gescheiter und profilierter Solothurner Politiker – er wäre auch für den Bundesrat geeignet gewesen? «So viele gescheite Köpfe wie es Sitze hat im Kantonsparlament, gibt es gar nicht in diesem Kanton.» Eigentlich wäre das Grund genug, dass sich die Mitglieder von Parlament und Regierung endlich dazu aufmachen, dem Spötter das Gegenteil zu beweisen. Zeit dazu wäre es.


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