In diesen Tagen in mehreren Zeitungen gelesen: «Meiste
Schulden wegen Steuern». Die Steuern sind also der Grund, weshalb so viele
Schweizer Schulden haben? Die Schlussfolgerung daraus müsste demnach lauten: «Die
Steuern sind zu hoch und müssen unbedingt gesenkt werden.» Falls dieser Titel
nicht falsch oder zumindest missverständlich daherkommt.
Das Bundesamt für Statistik (BfS) hat soeben Zahlen
veröffentlicht zur Schuldensituation der Schweizer Bevölkerung im Jahr 2017, das heisst
aller in der Schweiz wohnhaften Personen. Und darauf nahm dieser Beitrag Bezug.
Das BfS kommt zum Schluss, dass in der Schweiz «Zahlungsrückstände die
häufigste Art von Schulden» darstellen. Darin inbegriffen sind etwa auch
Leasingverpflichtungen oder andere Kreditverträge mit Abzahlungspflicht. Also
eigentlich nicht die Steuern.
Dass dennoch viele Steuerpflichtige nicht alle Steuern
bezahlt haben, ist längst bekannt. Dabei sind jedoch alle jene abzuziehen, deren
Steuerrechnung wegen einem hängigen Verfahren noch offen ist. Und all jene, bei
denen die Steuerämter im Verzug sind. Das heisst, dass der Steuerpflichtige
noch nicht (rechtsgültig) veranlagt wurde. In diesem Fall können nämlich die
für die Vorjahre fälligen Steuern als Schulden vom aktuellen Vermögen in Abzug
gebracht werden. Die Beträge tauchen also auf der Schuldenseite auf. Dies
trifft häufig bei der Bundessteuer zu, weil diese erst auf die kantonalen Daten
warten muss. Statistisch betrachtet habe ich dann also Steuerschulden, obwohl
diese noch gar nicht zu begleichen sind, weil die Abrechnung noch fehlt.
Der Schreibende hat nichts dagegen einzuwenden, wenn die
Steuern sinken. Jedermann darf auch behaupten, die Steuern seien zu hoch. Trotzdem
ist diese Titelgebung der Journaille falsch und unprofessionell. Denn sie
kommentiert, wo sie berichten sollte und das erst noch falsch. Denn gemäss BfS
ist dem eindeutig nicht so, dass die Steuern der Grund sind für die hohe
Verschuldung der Schweizer Haushalte. Aber es verhält sich hier nicht anders
als bei der Krankenversicherung, wo 170'000 Personen ihre Prämien nicht
bezahlen: Das vorhandene Geld wird für Anderes ausgegeben. Und da sind tausend
Dinge zu finden, die eindeutig mehr Spass machen als die Steuer- und die
Krankenkassen-Rechnungen.
Titel in Medienbeiträgen müssen kurz und eingängig sein. Sie
werden von den meisten Rezipienten gelesen. Den Text lassen Viele aus. Studien
zeigen gar, dass ihn nur die Allerwenigsten überhaupt zu Ende lesen. Das Ganze
nennt sich dann «Kurzinformation» und reicht für den «Stammtisch», manchmal gar
für einen Abstimmungsentscheid. Die Verantwortung und die Professionalität der
Medienschaffenden müssen jedoch so weit reichen, derartige Fehlleistungen zu
verhindern.
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