Dienstag, 11. Februar 2020

Die "Missbrauchsidee" für Pensionskassengelder



Die Grünen des Kantons Solothurn fordern, dass ins Gesetz über die kantonale Pensionskasse, das aktuell in Revision ist, klimapolitische Vorgaben aufgenommen werden. An sich ist es selten erfolgreich, wenn eine Institution, in diesem Fall die Pensionskasse Kanton Solothurn, zwei unterschiedliche Ziele verfolgen muss. Problematisch wird es jedoch dann, wenn sich diese Ziele wie hier teilweise widersprechen. Eine entsprechende Forderung ist schnell aufgestellt – und die ist ja auch sehr populär. Fragt sich nur, ob die Sache auch zu Ende gedacht ist.

Das Bundesrecht schreibt den Stiftungsräten der Pensionskassen vor, die Gelder der Versicherten «treuhänderisch» in deren Interesse anzulegen und zu verwalten. Das heisst, es ist auf Sicherheit und auf eine angemessene Rendite zu achten. BVG, Art. 51b, Absatz 2: Die Verantwortlichen «müssen in ihrer Tätigkeit die Interessen der Versicherten der Vorsorgeeinrichtung wahren». Nirgends steht im BVG, dass mit diesem Gesetz auch noch Umwelt- bzw. Klimapolitik betrieben werden soll oder darf. Irgendwie erscheint das auch zufällig. Gäb es doch eine Fülle weiterer politischer Anliegen, die den Pensionskassen auch noch auferlegt werden könnten: angefangen bei der Sicherheitspolitik, weiter über die Gleichstellungs- und die Gesundheitspolitik bis hin zu ethnischen und verkehrspolitischen Interessenvertretungen bzw. Aufgaben.

Doch bleiben wir einmal allein beim grünen Anliegen: die Pensionskassen sollen nur noch Gelder anlegen in Unternehmen, die quasi «von Kopf bis Fuss» grün sind. Das heisst, dass sie – allenfalls zur Unzeit, das heisst mit Verlust – bestehende Anlagen verkaufen müssen. Das heisst, dass sie Firmen auf ihre «Grünheit» durchleuchten müssen (was Experten erfordert und Geld kostet). Das heisst, dass jemand definieren muss, was genau «grün» oder «grün genug» ist. Das heisst jedoch auch, dass letztlich viele Milliarden in relativ wenige Kanäle fliessen, wenn sich alle Pensionskassen so verhalten. Das heisst, dass die als «grün» taxierten Aktien sehr gesucht sind und dementsprechend im Wert steigen – und das über den eigentlichen inneren Wert hinaus. Das heisst, dass die Pensionskassen die Gelder der Versicherten am Ende in Aktien investieren, die überzahlt sind. Das heisst wiederum, der Anlage steht kein realer Wert gegenüber. Diese Tatsache jedoch wird über kurz oder lang bei den Pensionskassen zu hohen Verlusten führen – Gelder der Versicherten, welche die Kasse gemäss BVG «treuhänderisch» hätte verwalten sollen, gehen verloren.

Und zurück bleibt die Frage, ob es denn nicht im Interesse der Umwelt wäre, gerade in jene Unternehmen zu investieren, die heute noch zu wenig für die Umwelt tun, damit sie die Mittel und die Anreize erhalten, sich hier zu verbessern? Zurück bleibt auch die Frage, ob es denn wirklich im Sinne der Versicherten sei, ihre Pensionskassengelder in grüne Vorhaben zu investieren, wenn sie selber grosse Benzinschlucker kleinen Autos vorziehen; wenn sie selber gerne in die Ferien fliegen und regelmässig Wochenendtrips in Europas Städte buchen; wenn sie selber als Mieter von Minergie-zertifizierten Wohnungen 30% mehr Energie benötigen als errechnet, weil sie sich um die ökologischen Verhaltensregelns foutieren? Weil sie selber via Internet in Asien einkaufen und damit Millionen von Schiffsladungen quer über die halbe Erdkugel schippern lassen?

Soll hier gar jemand gezwungen werden, weil er es freiwillig nicht tun will? Wäre es da in einem direktdemokratischen Land wie dem unseren nicht viel sinnvoller und nachhaltiger, den Bürger mit den richtigen (finanziellen) Anreizen dazu zu bringen, sich «grüner» zu verhalten als mit Zwang an einem Ort, wo er sich nicht wehren kann? Kurz: Wäre es nicht wirkungsvoller die Bürgerinnen an ihre Verantwortung – auch für die Umwelt – zu erinnern, statt sie einmal mehr zu bevormunden?

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