Freitag, 28. Februar 2020

Reine Willkür ersetzt die Legitimität




Einst waren Steuern jene Abgaben, die dem Staat bzw. dem Kaiser für seine Dienstleistungen geschuldet – und damit auch begründet waren. Ursprünglich war der Zehnte konkret geschuldet für den Schutz und die Sicherheit, die der mittelalterliche Fürst im Gegenzug seinen Untertanen schuldete.



Seit dem Sturz der Fürsten wurden die Leistungen des Staates laufend ausgeweitet. Soweit, dass wir heute schon bald wieder bei jenem Leibeigenen-Verhältnis sind, gegen das unsere Vorväter zu den Waffen griffen und für das sie ihr Leben aufs Spiel setzten. Der Staat sorgt vollumfänglich für seine Untertanen, die heute Bürger heissen. Fast jede weitere Staatsleistung ging dabei mit einer weiteren Einschränkung der persönlichen Freiheit einher. Dafür haben wir dem Staat einen erheblichen Teil – in manchen europäischen Ländern ist es für viele Bürgerinnen gar weit mehr als die Hälfte – unseres Verdienstes in Form von Steuern und Abgaben abzuliefern.



Die OECD und die G-20-Staaten haben nun damit begonnen, die Steuern von ihrer direkten Bindung an staatliche Leistungen zu entkoppeln. Auf der Suche nach neuen Einnahmen für die maroden Staatskassen ist auch westlichen Industriestaaten bzw. ihren Regierungen jedes noch so abstruse Mittel recht und willkommen, um neue Geldquellen zu erschliessen. Die bevölkerungsreichen Staaten und grossen Volkswirtschaften – so die heutige Hauptstossrichtung – sollen sich auf Kosten der kleineren Staaten ein grösseres Stück vom Steuerkuchen sichern können. Wo eine Firma ihren Sitz hat, wo eine Firma ihre Produktion hat, wo eine Firma die öffentliche Infrastruktur und staatliche Dienstleistungen und Einrichtungen nutzt, wo eine Firma ihre Fachleute dank gutem und vom Staat bezahltem Bildungswesen einfach rekrutieren kann, wo eine Firma dank guter Fachleute und motivierten Spezialisten einen Gewinn erwirtschaften kann, wo eine Firma von der Stabilität von Wirtschaft und Gesellschaft profitiert, wo sie aus der öffentlichen und der Rechts-Sicherheit Nutzen ziehen kann: all das soll nun keine Rolle mehr spielen. Eine Firma hat dort Steuern zu bezahlen, wo die Konsumenten sind oder im Falle der ICT-Branche die Nutzer.



Können Sie sich vorstellen, dass die USA der Schweiz Geld überweisen, weil viele von uns Microsoft, Google, Facebook und Apple nutzen? Da fällt es leichter an den Storch zu glauben. Oder China: es ist schlicht unvorstellbar, dass die Volksrepublik China der Schweiz je auch nur einen einzigen Rappen überweisen wird für alle Schweizer, die ein Huawei-Handy benutzen oder chinesische Ware einkaufen. Das Ganze wäre auch absurd und bis vor kurzem völlig unvorstellbar gewesen. Aber es scheint im Moment kaum ein Gedanke zu abwegig zu sein, um nicht in einem Politiker-Hirn gedacht zu werden.



Dass damit international ein riesiges Steuer-"Gnusch" herangebastelt wird, dass damit den Steuern erstmals in der Geschichte des Rechtsstaates jegliche Legitimation entzogen wird, das scheint niemanden wirklich zu kümmern. Staatschefs, die allein ihre Wiederwahl im Blick haben, wollen dies über die Köpfe ihrer Bürgerinnen und Bürger hinweg festsetzen. Dafür sind sie auch bereit, sich ins Gebiet der (staatlichen) Willkür zu begeben, welche die stillschweigende Zustimmung der Steuerzahlerinnen schon sehr arg strapaziert. Neu scheint hier allein das Recht des Stärkeren zu zählen.



Sind die Steuern aber erst von der konkreten (Staats-)Leistung entkoppelt, ist ihre moralische wie ihre rechtliche Legitimation weg und ihre Akzeptanz bei der breiten Bevölkerung  beginnt drastisch zu sinken. Beispiele dafür liefert die Geschichte genug – und die vielen Newskanäle tun es für die Gegenwart ebenso. Wie soll Steuerehrlichkeit auf einem solchen Grund gedeihen? Um sie zu erzwingen, wird ein riesiger und teurer Staats-, Kontroll- und Bestrafungsapparat nötig sein. Dessen alleinige Existenz wird jedoch den Unmut der Steuerzahler ebenso wie den Widerstand dagegen weiter erhöhen.



Nein, was hier ohne moralische und ohne demokratische Legitimation ausgebrütet wird, ist kein Zukunfts-, sondern ein Krisenmodell. Die Schweiz, allen voran Bundesrat und Parlament – unterstützt von unseren Parteien – würde gut daran tun, solches Tun anzuprangern und zu verurteilen. Was hier angezettelt wird, ist letztlich Willkür und diese ist eine Schwester des (Bürger-)Betrugs. Die freiheitsliebenden Schweizer werden sich ihre direkte Demokratie hoffentlich nicht auf diese Weise aushebeln lassen.

Montag, 24. Februar 2020

Empörungstheater statt Information



Die «Crypto-Affäre» dominiert seit Tagen die Schweizer Medienwelt. Fleissig und konstant wird die Empörung bewirtschaftet – allen voran von der SRG, die von allem Anfang an kräftig mitmischte. Da wird in fetten Schlagzeilen suggeriert, dass jeder, der etwas davon gewusst hat, ein Verbrechen an Land und Leuten begangen hat. Der Plebs schreit nach dem Galgen. Dabei bleibt das meiste ungenau, verschwommen und wolkig. Es wird aus einem Papier, dem sogenannten «Minerva-Bericht», zitiert, den niemand ausser ein paar auserwählten Journalisten zu Gesicht bekommen hat und der von diesen wie ein «Staatsgeheimnis» gehütet wird.

Damit bleibt den Rezipienten noch mehr als sonst nur übrig, zu glauben, was die Medien vorsetzen. Der Glaube hat jedoch im Informationsjournalismus rein gar nichts verloren. Er gehört in die Kirche, nicht ins Fernsehen.

Das seltsame Gebaren gewisser Medien und die grossen Lettern werfen aber nicht nur ein Licht auf die Schweizer Sicherheitspolitik zur Zeit des Kalten Krieges – deren Hintergründe dabei geflissentlich ausgeblendet werden. Sie werfen auch ein Licht auf einige Medien(schaffende) und Politikerinnen in diesem Land und das ist nicht nur ein gutes Licht.

Da empören sich Viele – Medien ebenso wie einige, teilweise mit ihnen verbandelte Politiker, welche die Chance zur persönlichen Profilierung wittern – und die Schlagzeilen fallen entsprechend fett aus. Falls jemand Unrecht getan hat, ist es in einem Rechtsstaat jedoch Sache der Justiz, wieder Recht zu schaffen. Über moralische Aspekte hingegen hat – wenn überhaupt – allein die Geschichte zu entscheiden.

Wer sich heute darüber empört, dass in dieser «Affäre» der eine Geheimdienst den anderen abgehört bzw. übers Ohr gehauen hat. Wer sich darüber empört, dass sich in der Schweiz Geheimdienste aus verschiedenen Ländern tummelten und noch immer tummeln. Wer solches heute zum Skandal heraufstilisiert, der muss sich die Frage gefallen lassen, in welcher Realität er denn bisher zu Hause war. Zur Zeit des Kalten Krieges waren in der Schweiz u.a. auch die Stasi aus der DDR und die Geheimdienste der Sowjetunion und anderer kommunistischer Staaten sehr aktiv. Sie haben zudem direkt oder indirekt Schweizer Gesinnungsgenossen finanziell oder materiell unterstützt. Das wurde zwar von den Betroffenen lange geleugnet – schliesslich aber bloss noch totgeschwiegen. Das wäre eigentlich – wenn schon – die andere Seite der gespielten Empörungsmünze.

Bei der «Crypto-Affäre» ging es immerhin und nicht zuletzt auch um die Interessen bzw. die Sicherheit der Schweiz(er Bevölkerung). Wenn gewisse Medien, allen voran die SRG, genau diesen Aspekt weitgehend ausblenden und heute laufend suggerieren, dass jeder, der davon gewusst haben könnte und jeder, der einmal in Kontakt mit dieser Geschichte gekommen ist, nun zu verurteilen ist, dann ist das nichts weniger als eine miese Hetze. Die einzige Frage lautet doch: Hat dieses Verhalten und haben diese Geheimdienstaktivitäten der damaligen Sicherheit der Schweiz gedient oder geschadet? Darauf findet sich aber in allen den zahlreichen Beiträgen kaum ein Nebensatz. Vielleicht, weil dies eben erst die Geschichtsschreibung in 30 oder 50 Jahren beantworten kann. In Geschichtsschreibung waren die Medien aber noch nie besonders gut – und davon wie von justiziablen Vor-Verurteilungen sollten sie deshalb besser die Finger lassen. Und jene Politikerinnen, die den Medien blind folgen, sollten aufpassen, dass sie dabei nicht in die nächste Wand laufen. Denn allein mit der Empörung über die Vergangenheit lässt sich auch heute noch lange keine wirksame und zukunftsgerichtete Sicherheitspolitik betreiben.

Samstag, 22. Februar 2020

Mit Zivilcourage zur Selbstverantwortung



Rund 170'000 Bewohner unseres Landes zahlen ihre Krankenversicherungsprämien nicht. Die «ganz Schlauen» unter ihnen, lassen sich gar die Arztkosten durch die Krankenversicherung entgelten, geben das Geld aber dann für etwas Anderes aus als für die Arztrechnung. Das Problem ist nicht neu. Die Kantone haben schon vor Jahren auf diese Misere aufmerksam gemacht. Aber der Bund bzw. das betreffende Departement scheint gleich den berühmten drei Affen von nichts zu wissen. Inzwischen wurden die selber aktiv gewordenen Kantone gar «zurückgepfiffen». Das Führen von «Schwarzen Listen» der säumigen Prämienzahler wurde ihnen untersagt. Auf eine Lösung wartet jedoch jeder ehrliche und pünktliche Prämienzahler vergebens. Obwohl die ganze Sache letztlich auf seinem Buckel bzw. seinem Portemonnaie ausgetragen wird.

Die Medikamente in der Schweiz seien zu teuer oder die Ärzte würden zu viel verdienen: das sind die einzigen – zudem stereotypen – Wortmeldungen, die vom zuständigen SP-Bundesrat verbreitet werden. Gleichzeitig wird öffentlich, dass in der Schweiz jedes Jahr (sic!) 4000 Tonnen Medikamente zwar von den Ärzten verschrieben, aber nie eingenommen werden.

«Eine Riesenverschwendung» schreien die Politiker; und sie suchen auch hier nach Lösungen. Und auch hier suchen sie diese in Form neuer Einschränkungen, die meist jene betreffen, für die sie gar nicht gedacht sind. Weil diese die Einzigen sind, die sich daran halten. Die SP und die CVP suchen das Heil mit ihren Initiativen in massiv höheren Staatsbeiträgen bzw. Steuerfranken. Ganz nach dem Motto: wenn das Fass keinen  Boden hat, musst du oben eben noch mehr reinschütten. 

Liebe Politikerinnen und Politiker: Hat jemand von Ihnen so viel Zivilcourage, öffentlich zu bekunden, dass das Problem nicht in erster Linie beim System liegt, sondern bei den Prämienzahlern und Patienten? Den Patientinnen zu sagen, dass ihre Gesundheit weder in der Verantwortung des Arztes, noch der Spitäler oder der Pharma-Branche liegt, sondern allein und unteilbar in ihrer eigenen Verantwortung?

Heute tragen die Folgen des falschen Patientenverhaltens stets die Anderen: die anderen Versicherten, die Ärzte, das Pflegepersonal in den Spitälern, die Pharma-Branche, die Krankenversicherer, die Steuerzahler etc. Es ist aber höchst unpopulär und bei der politischen Linken generell mehr als verpönt, von den Menschen zu verlangen, sie sollten für sich selbst Verantwortung tragen. Nur führt dummerweise kein Weg daran vorbei.

Irgendwann werden jene, die heute die Dummen sind, die ehrlichen Prämienzahlerinnen, sich weigern, für 170'000 Nicht-Zahler (Tendenz steigend) auch noch Prämien mit zu entrichten. Irgendwann werden sich die Ehrlichen fragen, warum sie überhaupt etwas bezahlen, wenn doch rein gar nichts passiert, wenn sie die Prämien nicht bezahlen. Immer mehr von ihnen werden darauf «verzichten» die Rechnungen zu bezahlen. Sie werden das Geld ebenfalls für lustigere Dinge ausgeben. Was dann?

Ist die Lösung wirklich so schwierig oder für Manche doch nur etwas unpopulär? Denken wir daran, wie die AHV zu ihrem Geld kommt – und diese Beiträge sind um ein Vielfaches höher als die Krankenversicherungsprämien. Diese Beiträge werden direkt vom Lohn abgezogen. Und wer eine AHV-Zahlung auch nur einmal auslässt, wird später sehr drastisch dafür bestraft, indem ihm die Leistung, also die Rente, überdurchschnittlich stark gekürzt wird. 

Wer seine Krankenversicherungsprämien oder seine Arztrechnungen nicht bezahlt, der soll genau wie jeder andere Schuldner behandelt werden: Er verliert sein Anrecht auf ärztliche Behandlung und die Krankenversicherung bezahlt auch deren Kosten nicht mehr. Wer seine Prämien mehr als sechsmal schuldig bleibt, dem wird der Betrag direkt vom Lohn abgezogen. Das ist hart, gewiss. Doch es wird noch viel härter werden, wenn dieses System zusammenbricht. Denn die Alternative dazu ist der Schritt zurück zur freiwilligen Krankenversicherung. Wer nicht versichert ist, wer das Geld für die Prämien sparen oder lieber anderweitig ausgeben will, der nimmt damit auch nicht an der Solidarität aller Versicherten teil – und seine Gesundheitskosten muss er selber tragen.

Die 170'000 Nichtzahlerinnen und Nichtzahler müssen einen gehörigen Tritt in den Allerwertesten erhalten, damit sie verstehen, dass alle Anderen nicht dazu bereit sind, ihr Abseitsstehen folgenlos mit zu berappen. Und um das umsetzen zu können sind lediglich Parlamentarier nötig mit Weitsicht – und mit einem Quentchen Zivilcourage.

Donnerstag, 20. Februar 2020

"In Unkenntnis" oder nur unprofessionell?



In diesen Tagen in mehreren Zeitungen gelesen: «Meiste Schulden wegen Steuern». Die Steuern sind also der Grund, weshalb so viele Schweizer Schulden haben? Die Schlussfolgerung daraus müsste demnach lauten: «Die Steuern sind zu hoch und müssen unbedingt gesenkt werden.» Falls dieser Titel nicht falsch oder zumindest missverständlich daherkommt.

Das Bundesamt für Statistik (BfS) hat soeben Zahlen veröffentlicht zur Schuldensituation der Schweizer Bevölkerung im Jahr 2017, das heisst aller in der Schweiz wohnhaften Personen. Und darauf nahm dieser Beitrag Bezug. Das BfS kommt zum Schluss, dass in der Schweiz «Zahlungsrückstände die häufigste Art von Schulden» darstellen. Darin inbegriffen sind etwa auch Leasingverpflichtungen oder andere Kreditverträge mit Abzahlungspflicht. Also eigentlich nicht die Steuern.

Dass dennoch viele Steuerpflichtige nicht alle Steuern bezahlt haben, ist längst bekannt. Dabei sind jedoch alle jene abzuziehen, deren Steuerrechnung wegen einem hängigen Verfahren noch offen ist. Und all jene, bei denen die Steuerämter im Verzug sind. Das heisst, dass der Steuerpflichtige noch nicht (rechtsgültig) veranlagt wurde. In diesem Fall können nämlich die für die Vorjahre fälligen Steuern als Schulden vom aktuellen Vermögen in Abzug gebracht werden. Die Beträge tauchen also auf der Schuldenseite auf. Dies trifft häufig bei der Bundessteuer zu, weil diese erst auf die kantonalen Daten warten muss. Statistisch betrachtet habe ich dann also Steuerschulden, obwohl diese noch gar nicht zu begleichen sind, weil die Abrechnung noch fehlt.

Der Schreibende hat nichts dagegen einzuwenden, wenn die Steuern sinken. Jedermann darf auch behaupten, die Steuern seien zu hoch. Trotzdem ist diese Titelgebung der Journaille falsch und unprofessionell. Denn sie kommentiert, wo sie berichten sollte und das erst noch falsch. Denn gemäss BfS ist dem eindeutig nicht so, dass die Steuern der Grund sind für die hohe Verschuldung der Schweizer Haushalte. Aber es verhält sich hier nicht anders als bei der Krankenversicherung, wo 170'000 Personen ihre Prämien nicht bezahlen: Das vorhandene Geld wird für Anderes ausgegeben. Und da sind tausend Dinge zu finden, die eindeutig mehr Spass machen als die Steuer- und die Krankenkassen-Rechnungen.

Titel in Medienbeiträgen müssen kurz und eingängig sein. Sie werden von den meisten Rezipienten gelesen. Den Text lassen Viele aus. Studien zeigen gar, dass ihn nur die Allerwenigsten überhaupt zu Ende lesen. Das Ganze nennt sich dann «Kurzinformation» und reicht für den «Stammtisch», manchmal gar für einen Abstimmungsentscheid. Die Verantwortung und die Professionalität der Medienschaffenden müssen jedoch so weit reichen, derartige Fehlleistungen zu verhindern.


Montag, 17. Februar 2020

Wasser predigen und Wein trinken



Nirgends so häufig wie in der Politik wird Wasser gepredigt und Wein getrunken. Aber selbst wenn das dort schon fast alltäglich ist, soll es nicht kritikfrei bleiben. Die Initianten und Befürworterinnen der Konzernverantwortungsinitiative geben dafür ein gutes Beispiel her.

Schweizer Konzerne sollen für alles, was sie tun und für alle ihre Geschäftspartner im In- wie im Ausland – inklusive deren Tun und Lassen – ausnahmslos die volle Verantwortung tragen. Dabei soll nicht reichen, dass man sich in jedem Land an die dortigen Gesetze hält. Schweizer Recht soll weltweit gelten.

Kaum die Mehrheit der Befürworter dürfte wissen, was ein «Konzern» nach Schweizer Recht überhaupt ist. Das ist eine Holding mit zwei bis drei Mehrheitsbeteiligungen. Bei Schweizer Familienunternehmen ist das eine sehr häufige Unternehmensform. Denn diese ermöglicht eine gewisse Unabhängigkeit von den Banken. Die allermeisten Schweizer Unternehmen sind viel zu klein, um an der Börse Finanzmittel aufnehmen zu können. Entweder die Banken springen ein bei grösseren Investitionen oder anderen Liquiditätsengpässen oder die Eigner selber. Die Holding-Konstruktion bietet die Möglichkeit, dass die Holding so ausgestattet werden kann, dass sie quasi als «interne Bank» figurieren und die Tochterfirmen mit den nötigen liquiden Mitteln versehen kann. Das ist kein Selbstzweck, sondern erhöht die Stabilität der Unternehmen massiv und ist einer der Hauptgründe, weshalb Familienunternehmen relativ krisenresistent sind. Das heisst, diese Konstruktion sichert Arbeitsplätze in der Schweiz.

Solche KMU und Familienunternehmen beziehen jedoch wie alle anderen auch, einen Teil ihrer Produktionsmittel direkt oder über Drittlieferanten im Ausland. Das beginnt beim PC und bei den Stahlteilen der Büromöbel. Laut Initianten müssten also diese KMU, die gemäss Schweizer Recht sogenannte «Konzerne» sind, alle dieses Lieferungen vorwärts und rückwärts untersuchen, ob nicht irgendwo einer der an deren Produktion und Lieferung Beteiligten irgendeinmal ein Schweizer Gesetz oder eine Verordnung verletzt hat. Diesen administrativen Riesenapparat kann sich ein normales KMU nicht leisten. Auch wenn es nur einen Teil der Forderungen umsetzen will, erhöht dies die Kosten und verteuert damit seine Produkte oder Dienstleistungen. Weil jedoch die Schweizer Konsumenten nicht gleichzeitig dazu verpflichtet werden, teure Schweizer Produkte anstelle der günstigeren aus dem Ausland zu kaufen, geht diese Rechnung nicht auf. Unternehmen müssen aufgeben, Arbeitsplätze gehen verloren.

Richtig schizophren wird es aber dann, wenn die gleichen Konsumenten, die als Stimmberechtigte die Konzernverantwortungsinitiative gutheissen, via Internet laufend Produkte im Ausland, vorzugsweise in Fernost, ordern, weil diese viel billiger zu haben sind als diejenigen aus der Schweiz oder aus Europa. Die Unternehmen müssen sich bis zum i-Pünktchen ökologisch und sozial verantwortungsbewusst verhalten – und die Stimmberechtigten und Konsumenten, die sie dazu «verknurren» wollen, verhalten sich in jeder Beziehung völlig verantwortungslos. Wie passt denn das zusammen?

Da sind es für einmal nicht die Politiker, sondern es wären die Stimmberechtigten selber, die Wasser predigen und Wein trinken würden. Dass sie dabei auch noch den eigenen Arbeitsplatz gefährden, scheint ihnen ebenso egal zu sein wie nicht existente Bürgerfreiheiten oder die Umwelt in Fernost; oder wie die sozialen Bedingungen in irgend einem Drittweltland. Gibt es da nicht ein altes Sprichwort vom Wischen vor der eigenen Tür? Es ist eben doch stets einfacher, von den Anderen etwas zu verlangen als es selber zu tun.

Mittwoch, 12. Februar 2020

Vom Wahlkampf-Gag zum Rohrkrepierer



So, jetzt sind auch die Homosexuellen ausdrücklich vor unschönen Übergriffen und Verbalinjurien «geschützt». Soweit so richtig und gut. Aber da ruft doch die Linke bereits am Abstimmungssonntag lautstark danach, jetzt noch weitere Bevölkerungsgruppen ausdrücklich dem expliziten Schutz des Gesetzes bzw. gar der Verfassung zu unterstellen.

Unsere Verfassung und unser Strafrecht verhindern nicht, dass andere Menschen unflätig beschimpft oder auf irgendeine Art diskriminiert werden. Aber sie stellen beides sehr deutlich und für alle Menschen unter Strafe. Zur Verhinderung sind die Erziehung zu Hause und in der Schule, die Parteipolitiker und die Medien gefordert. Letztere, indem sie darauf verzichten irgendwelche «Feuerchen» zu schüren und stattdessen zu Vernunft und Humanität mahnen.

Was die Linke nun fordert, ist hingegen Humbug und nichts anderes als billige Wahlpropaganda. Wenn sie unbedingt will, hier zur Auswahl noch ein paar Zielgruppen, die auch den besonderen Schutz des Gesetzgebers verdient hätten:
-        Personen, deren Körperumfang oder Grösse nicht der Norm entspricht
-        Alle Linkshänder
-        Personen mit (natürlich) roten Haaren
-        Alle Personen, die mehr als 80 alt sind
-        Personen ohne Haare auf dem Kopf
-        Personen mit zu kurzen oder zu langen Beinen
-        Alle farbenblinden Personen
-        Personen mit nicht normierter Kopfform
-        Personen mit grosser oder krummer Nase
-        Personen mit grossen Ohren
-        Personen mit grünen Augen
-        Personen, die Fleisch essen
-        Personen, die kein Fleisch essen
-        Bewohner kleiner Kantone wie Uri oder Appenzell
-        Briefmarkensammler und Hobby-Eisenbähnler
-        Kaninchenzüchter und Zierfischfreunde
-        Männer mit wenig Bartwuchs
-        Mitglieder eines Kegelclubs
-        Golfer und Tennisspieler
-        Hobbyfischer und Angehörige eines Männerchors
-        Bisexuelle
-        Angehörige eines Ordens
-        Etc. – diese Liste kann nie abschliessend sein

Kurz: Alle Menschen, die nicht einem Mehrheits- oder Schönheitsideal entsprechen und alle, die irgendwie durch ihr Sein oder Tun einer Minderheit angehören, sollten den Extraschutz des Staates geniessen. Niemand kann eigentlich gegen ein solches Ansinnen sein – oder?

Wenn Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, diese Liste jetzt albern oder gar absurd erscheint, dann treffen Sie den Nagel auf den Kopf. Entweder will die Linke die Menschen «sortieren» nach solchen, die den besonderen Schutz des Staates geniessen sollen und solchen, die dessen nicht wert sind. Oder das Ganze entlarvt sich selber als – gelinde ausgedrückt – sehr schwach durchdachter Wahlkampf-Gag, der zum Rohrkrepierer mutiert.

X-tes Nein zur Planwirtschaft




Die Linke ist mit ihrem Vorschlag für mehr günstige Wohnungen an der Urne deutlich, im Verhältnis 40:60 gescheitert. SRF stellt jedoch fest, dass diese etwas mehr als 40 Prozent immerhin bedeuten würden, dass nicht nur reine Linkswähler der Initiative zugestimmt hätten. Das stimmt sicherlich; etatistische Forderungen stossen zum Beispiel in der Romandie immer auf eine gewisse Grundsympathie.
Dass sich die Linke gleich wieder bereit macht, um eine nächste Volksinitiative in diesem Bereich zu starten, ist bei so viel Goodwill und Rückenwind von Seiten der offiziellen SRG keineswegs erstaunlich. SRF doppelte gleich am Montag nochmals nach: «Kein einig Volk von Mietern.» Das erstaunt dann doch etwas. Erstens fragt man sich da
-        wo bleibt denn die Objektivität bzw. Neutralität des «Staatsfernsehens»?
-        ist denen zum ersten Mal aufgefallen, dass nicht alle Mieter links wählen bzw. abstimmen?
-        warum gehen die SRF-ler davon aus, dass die Mehrheit der Mieterinnen ihre Wohnungsmiete als zu teuer erachtet?
Nicht jeder Mieter mag das Rezept der Linken als das richtige und nicht jeder Eigentümer mag es als falsch erachtet haben. Sicher ist jedoch, dass das Nein einmal mehr deutlich war. Solche und ähnliche Initiativen wurden von der Linken in den letzten 40 Jahren zahlreich eingereicht; alle ohne Erfolg. Denn sie atmeten den Geist der Planwirtschaft ebenso wie die neusten Rezepte der ebenfalls roten Regierung in Berlin.

Wir müssen jedoch nicht auf die Zukunft warten, um zu wissen, dass diese Rezepte scheitern werden. Die Vergangenheit lehrt uns das bei einem Blick über die Landesgrenzen hinweg nur allzu deutlich. Kein Land auf der Welt hat einen derart hohen Wohnstandard wie die Schweiz. Und es nicht der Staat und es sind nicht die Genossenschaften, die diesen geschaffen haben und täglich weiter entwickeln. Es ist der Markt. Es sind die institutionellen und privaten Investoren. Sie bekommen für gut gebaute und mit neustem Komfort ausgestattete Wohnungen gutes Geld – schlecht unterhaltene Altwohnungen dagegen finden bloss Studenten toll, weil sie andere Schwerpunkte setzen. Haben sie aber ihr Studium beendet, stellt die grosse Mehrheit auch von ihnen sofort andere Ansprüche.

Auch betreffend Umweltschutz funktioniert der Wohnungsmarkt in der Schweiz bestens. Es wird enorm viel in energetische Verbesserungen investiert und neue Wohnungen verfügen fast durchwegs über mindestens ein Umweltlabel. Hätte der Staat, hätten die Genossenschaften das besser gekonnt? Bisher haben sie das nicht bewiesen, denn der kommunale Wohnungsbau war in der Schweiz nie der Treiber von Innovationen – und wird es auch künftig kaum sein. Das ist auch logisch: Innovationen kosten Geld. Und das verträgt sich schlecht mit der Forderung nach billigen Wohnungen. Zudem unterliegt der Markt für billige Wohnungen viel weniger dem Innovationsdruck. Er hat ja sein Verkaufsargument bereits.

Gegen alle Logik wird jedoch die Linke auch in den nächsten Monaten und Jahren weitere Initiativen lancieren und Abstimmungskämpfe um das Mietrecht bestreiten. Ein kleiner Hinweis: wenn sie das dafür benötigte Geld einsetzen würde, um ihren Wählerinnen die Mieten zu subventionieren, wäre eigentlich (fast) allen geholfen.


Dienstag, 11. Februar 2020

Die "Missbrauchsidee" für Pensionskassengelder



Die Grünen des Kantons Solothurn fordern, dass ins Gesetz über die kantonale Pensionskasse, das aktuell in Revision ist, klimapolitische Vorgaben aufgenommen werden. An sich ist es selten erfolgreich, wenn eine Institution, in diesem Fall die Pensionskasse Kanton Solothurn, zwei unterschiedliche Ziele verfolgen muss. Problematisch wird es jedoch dann, wenn sich diese Ziele wie hier teilweise widersprechen. Eine entsprechende Forderung ist schnell aufgestellt – und die ist ja auch sehr populär. Fragt sich nur, ob die Sache auch zu Ende gedacht ist.

Das Bundesrecht schreibt den Stiftungsräten der Pensionskassen vor, die Gelder der Versicherten «treuhänderisch» in deren Interesse anzulegen und zu verwalten. Das heisst, es ist auf Sicherheit und auf eine angemessene Rendite zu achten. BVG, Art. 51b, Absatz 2: Die Verantwortlichen «müssen in ihrer Tätigkeit die Interessen der Versicherten der Vorsorgeeinrichtung wahren». Nirgends steht im BVG, dass mit diesem Gesetz auch noch Umwelt- bzw. Klimapolitik betrieben werden soll oder darf. Irgendwie erscheint das auch zufällig. Gäb es doch eine Fülle weiterer politischer Anliegen, die den Pensionskassen auch noch auferlegt werden könnten: angefangen bei der Sicherheitspolitik, weiter über die Gleichstellungs- und die Gesundheitspolitik bis hin zu ethnischen und verkehrspolitischen Interessenvertretungen bzw. Aufgaben.

Doch bleiben wir einmal allein beim grünen Anliegen: die Pensionskassen sollen nur noch Gelder anlegen in Unternehmen, die quasi «von Kopf bis Fuss» grün sind. Das heisst, dass sie – allenfalls zur Unzeit, das heisst mit Verlust – bestehende Anlagen verkaufen müssen. Das heisst, dass sie Firmen auf ihre «Grünheit» durchleuchten müssen (was Experten erfordert und Geld kostet). Das heisst, dass jemand definieren muss, was genau «grün» oder «grün genug» ist. Das heisst jedoch auch, dass letztlich viele Milliarden in relativ wenige Kanäle fliessen, wenn sich alle Pensionskassen so verhalten. Das heisst, dass die als «grün» taxierten Aktien sehr gesucht sind und dementsprechend im Wert steigen – und das über den eigentlichen inneren Wert hinaus. Das heisst, dass die Pensionskassen die Gelder der Versicherten am Ende in Aktien investieren, die überzahlt sind. Das heisst wiederum, der Anlage steht kein realer Wert gegenüber. Diese Tatsache jedoch wird über kurz oder lang bei den Pensionskassen zu hohen Verlusten führen – Gelder der Versicherten, welche die Kasse gemäss BVG «treuhänderisch» hätte verwalten sollen, gehen verloren.

Und zurück bleibt die Frage, ob es denn nicht im Interesse der Umwelt wäre, gerade in jene Unternehmen zu investieren, die heute noch zu wenig für die Umwelt tun, damit sie die Mittel und die Anreize erhalten, sich hier zu verbessern? Zurück bleibt auch die Frage, ob es denn wirklich im Sinne der Versicherten sei, ihre Pensionskassengelder in grüne Vorhaben zu investieren, wenn sie selber grosse Benzinschlucker kleinen Autos vorziehen; wenn sie selber gerne in die Ferien fliegen und regelmässig Wochenendtrips in Europas Städte buchen; wenn sie selber als Mieter von Minergie-zertifizierten Wohnungen 30% mehr Energie benötigen als errechnet, weil sie sich um die ökologischen Verhaltensregelns foutieren? Weil sie selber via Internet in Asien einkaufen und damit Millionen von Schiffsladungen quer über die halbe Erdkugel schippern lassen?

Soll hier gar jemand gezwungen werden, weil er es freiwillig nicht tun will? Wäre es da in einem direktdemokratischen Land wie dem unseren nicht viel sinnvoller und nachhaltiger, den Bürger mit den richtigen (finanziellen) Anreizen dazu zu bringen, sich «grüner» zu verhalten als mit Zwang an einem Ort, wo er sich nicht wehren kann? Kurz: Wäre es nicht wirkungsvoller die Bürgerinnen an ihre Verantwortung – auch für die Umwelt – zu erinnern, statt sie einmal mehr zu bevormunden?

Samstag, 8. Februar 2020

Kein Bock auf Fortschritt?



Zahlreiche Medien, die Politik ebenso wie die Leserbriefspalten und der Stammtisch sind sich darin einig, dass es mit Blick auf das Klima und die Umwelt durchaus Sinn machen könnte, mit Strom statt mit Benzin oder Diesel von A nach B zu fahren. «Aber wegen den Batterien haben die neuen Elektro-Autos die schlechtere Umweltbilanz als die Benziner», wird landauf und landab immer und immer wieder kolportiert.

Autofahren ist nicht umweltfreundlich. Darin sind sich wohl alle einig. Ein E-Bike der neusten Generation könnte die eine oder andere Autofahrt ersetzen. Dass E-Bikes die Umwelt kaum mehr belasten als herkömmlich Bikes, die allein mit Muskelkraft angetrieben werden, war kürzlich eine Schlagzeile wert. Das war überraschend. Den Fachleuten, die das alles berechnet haben, ist trotzdem zu trauen. Mindestens so lange, bis nicht das Gegenteil bewiesen werden kann.

Diverse Spezialisten, vor allem in Deutschland und Skandinavien, haben in den letzten Monaten und Jahren die Klimabilanz der individuellen Elektromobilität bzw. der Elektroautos untersucht. Sie kommen alle zum gleichen Schluss wie das schweizerische Paul-Scherrer-Institut PSI, das dazu soeben eine Studie veröffentlicht hat. Die Forscher haben fünf Antriebsarten auf ihre Klimabilanz hin untersucht: Autos mit Benzin-, Diesel- und Erdgas-Motoren sowie Autos mit Brennstoffzellen und solche mit Elektro-Antrieb. Das Fazit fiel relativ deutlich aus. Zwar belasten E-Autos wegen der Batterietechnik die Umwelt bei der Produktion stärker als herkömmliche PWs. Dank umweltfreundlichem Schweizer Strommix machen sie diese Belastung im Betrieb jedoch mehr als wett. Das klimafreundlichste Auto ist demnach 2020 unter Beizug aller Faktoren mit deutlichem Vorsprung das Elektroauto. Gefolgt von der Brennstoffzelle. Diese eignet sich gemäss den Forschern des Paul-Scherrer-Instituts vorläufig allerdings nur für grössere Fahrzeuge und längere Strecken. An dritter Stelle liegt das Gas, gefolgt vom verpönten Diesel. Das Schlusslicht gehört dem Benziner.

Bis 2040 wird das E-Auto gemäss den PSI-Forschern seinen Vorsprung dank neuen, umweltfreundlicheren und stärkeren Batterien weiter ausbauen. Gas wird als Antrieb die Brennstoffzelle noch überholen, auf die heute Viele ihre Hoffnungen setzen.

Warum werden die Studien, welche die neuen Technologien ganz klar im Vorteil sehen, hierzulande von sehr vielen Bürgerinnen nicht zur Kenntnis genommen oder gar negiert? Diese Haltung ist nicht nachvollziehbar. Gerade die neuen Technologien sind es, die den grössten Nutzen für das Klima und die Umwelt bringen werden. Die Verbesserung des Bestehenden ist sicherlich nötig und richtig, wird aber niemals den Durchbruch bringen. Ebenso wenig wie eine Verhaltensänderung von uns Menschen. Das sind bestenfalls kleine Beiträge zur Verbesserung – die allein aber nicht einmal in ihrer Summe ausreichen werden.

Was haben wir denn in der Vergangenheit getan, wenn Umweltprobleme anstanden? Es reichte nicht, die Gewässer zu schützen, weniger Waschpulver zu brauchen und nicht allen Müll in Seen und Flüsse zu werfen. Nötig war auch neue Technologie: der Bau von Kläranlagen und diese mussten und müssen gemäss den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen und den neusten technischen Möglichkeiten laufend nachgerüstet werden. Wie würden heute unsere Gewässer verschmutzt sein, wenn wir mit dem Bau der Kläranlagen zugewartet hätten, bis sie zum Beispiel den heutigen technischen Stand oder jenen von 2040 erreicht hätten.

E-Autos sind ebenso Teil des klimafreundlichen technischen Fortschrittes wie dies einst Kläranlagen, der Katalysator u.a. waren. Dieses Faktum zu negieren mag zwar aktuell mein Gewissen etwas entlasten, wenn ich noch mit meinem geliebten alten Benziner, Modell GT rumfahre. Moderne Technik abzulehnen, hat uns jedoch noch nie weitergebracht. Sie allein wird unsere Umwelt letztlich schützen und nicht die missionarischen Aufrufe und emotionsgeladenen Demonstrationen der Grünen. Sie werden die Menschen so wenig ändern wie die sonntäglichen Kanzelworte des Pfarrers; egal wie intensiv sie vorgetragen werden.


Donnerstag, 6. Februar 2020

Die Wohnidee, die sich selbst negiert



Alle wollen wir möglichst top-zentral, möglichst total ruhig und im Grünen wohnen; mit besten Autobahn- und ÖV-Anschlüssen, in einem modernen Gebäude mit dem besten und neusten Komfort. Dabei muss alles ökologisch sein und das Wohnen vorzugsweise mehr Energie produzieren als verbrauchen. Wir wollen ein sonniges Heim mit Superaussicht und möglichst wenigen nahen Nachbarn, damit wir unsere Ruhe und Privatsphäre haben.

Solche Wohnmöglichkeiten sind aber derart selten und derart schwer zu finden wie die berühmte Stecknadel – diesmal nicht im Heuhaufen, sondern in einem ganzen Heustock. Zudem sind sie, weil auch Wohnungen wie alle Güter und alle Dienstleistungen dem Gesetz von Angebot und Nachfrage unterliegen, enorm teuer. Und nicht jeder ist ein Roger Federer, gesegnet mit soviel Talent, Ehrgeiz und (Trainings-)Fleiss. Diese Gesetzmässigkeiten haben uns eigentlich bereits als Kinder die Märchen der Gebrüder Grimm gelehrt. Offenbar haben sie aber Viele von uns wieder vergessen – oder niemand hat sie ihnen erzählt. Schade.

Die Linke will nichts weniger als die Quadratur des Zirkels, wenn sie an Zentrumslagen günstige Wohnungen für Jedermann propagiert. Das ist nur möglich, wenn Land und Liegenschaften – wie sie es auch verlangt – vollständig dem Markt entzogen werden. Das heisst, wenn die privaten Eigentümer enteignet und alles dem Staat überantwortet wird. Dies auf Kosten der Steuerzahler und auf Kosten der verfassungsmässigen Eigentumsrechte.

Wie sich das Resultat einer solchen wirtschaftspolitischen «Rosskur» präsentiert, konnte gleich nach der Wende zum Beispiel in der ehemaligen kommunistischen DDR begutachtet werden. Trostlose Plattenbauten bzw. Billigwohnungen, die nach 1989 rasch von der Bildfläche verschwanden, weil sie abgerissen werden mussten, nachdem die Bewohner sie fluchtartig verlassen hatten. Wer bestimmt denn, wem solche staatlichen Wohnungen zu geschlagen werden? Etwa die Politiker oder gar die Parteipolitiker wie im ehemaligen Osten? Entscheidet dann hier wie damals die Parteifunktion oder das Parteibuch?

Die Missstände bei der Zuteilung bzw. der Belegung von mit Steuergeldern vergünstigten Wohnungen, wie sie in den letzten Jahren etwa in Zürich, Bern und anderswo bekannt wurden, sprechen eine mehr als deutliche Sprache. Wenn das jenes «gerechte Wohnen» ist, von dem die Linken immer wieder sprechen, dann können wir getrost darauf verzichten.

Und übrigens: zu den grössten Investoren im Schweizer Immobilienmarkt zählen seit ein paar Jahrzehnten unsere Pensionskassen. Weil sie unsere für unser Alter gesparten Gelder sorgfältig, sicher und zinsbringend anlegen müssen. So schreibt dies das Gesetz vor und so möchten wir Arbeitnehmer es alle. Wenn die Pensionskassen das nicht mehr dürfen oder wenn der Markt durch staatliche Eingriffe verzerrt wird, werden schliesslich alle Arbeitnehmer spätestens bei der Pensionierung darunter leiden. Aber wer hat da im Zusammenhang mit der 2. Säule erst kürzlich vom «Rentenklau» gesprochen? Ist das nicht eine Frage der Fakten, sondern bloss eine Frage, wer die Täter sind?

Mittwoch, 5. Februar 2020

Die Krux mit der Ideologie und der Weisheit



Jede lebende Sprache verändert sich täglich: es entstehen (neue) Abkürzungen und Begriffe, andere schleifen sich ab. Seit es Menschen gibt, reden die Leute so, wie es am einfachsten, am bequemsten geht. Niemand läuft freiwillig und ohne Nutzen einen Umweg. Das ist bei der Sprache nicht anders. Und was sich heute bei der gesprochenen Sprache allmählich etabliert, wird morgen auch Eingang in die Schriftsprache und in den Duden finden.

Die heutige Gender-Sprache läuft dieser Jahrtausende alten Entwicklung entgegen: Was gestern noch relativ einfach war, wird heute kompliziert. Zuerst bei der geschriebenen und jetzt vermehrt auch bei der gesprochenen Sprache. Da soll der Leser unaussprechbare Buchstabenfolgen goutieren wie «Jurist*innen» oder «Jurist/innen» oder «JuristInnen» oder stets von «Juristinnen und Juristen», von «Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern» lesen. Wer tut sich das freiwillig an?

Dieser sprachliche Modetrend wird keine Zukunft haben, weil er unvernünftig ist und allem Menschlichen – das stets zur Einfachheit und zum Bequemeren tendiert – widerspricht. In den SMS, die noch vor wenigen Jahren mühevoll zu schreiben waren, hatte sich rasch eine Abkürzungsorgie etabliert. Ein Teil davon ist auch auf den Mail-Verkehr übergegangen. Wieso übrigens sagen wir auch im deutschsprachigen Raum «Mail»? Weil das nun mal viel kürzer ist als das deutschsprachige «Mitteilung» oder «elektronischer Brief».

Lustig ist jedoch, sich Texte anzuschauen, die von überzeugten Befürworterinnen oder Befürwortern einer geschlechtsneutralen Sprache verfasst wurden. So schrieb kürzlich eine solche Person in einer Tageszeitung konsequent von den «Jurist*innen». Im gleichen Text kamen jedoch auch Begriffe vor wie «Juristensprache», «Richterstellen», «der Laie» und «der Profi». Wie jetzt? Haben Juristinnen keine Sprache und Richterinnen keine Stelle? Sind alle Laien männlich und nur Männer sind Profis?

Glück gehabt, dass wenigstens «das Volk» sächlich ist – und das ist wohl noch das letzte unverfängliche Geschlecht. Das ist vielleicht auch die Lösung für jene Personen, die sich beiden oder keinem Geschlecht zuordnen. Doch bei mir stellt sich dann die Frage: Wie sind diese anzusprechen, wenn sie ebenfalls mitgemeint sind? «Der Mensch» war einmal; «die Menschin» kommt grad in Mode – aber ist das nicht eine Diskriminierung derjenigen, die sich bei keiner dieser Versionen angesprochen fühlen, weil sie sich weder als männlich noch als weiblich verstehen? Bisher stand ja «der Mensch» für alle Menschen, egal welchen Geschlechts. Es war die Bezeichnung für den «homo sapiens» und dessen Nachkommen schlechthin. Muss ich nun schreiben und sagen: «Das Mensch, der Mensch und die Menschin», damit sich niemand ausgeschlossen oder gar diskriminiert fühlt? Und wenn ich höflich sein möchte, welches Geschlecht nenne ich dann an erster und welches an zweiter und an dritter Stelle?

Irgendwie erinnert mich das alles an jene, welche in Sachen Religion die reine und einzige Heilslehre für sich beanspruchen. Auch sie kreieren häufig neue und ungewohnte Begriffe und grenzen sich mit einer besonderen Sprache von allen anderen Menschen, bzw. «Andersgläubigen» ab.

Da hatten es die alten Römer wirklich einfacher: «Homo» war der Mensch oder Mann – eine weibliche Form davon gab es nie. Die Frau hiess «femina». Erst die Naturwissenschaft hat im 19. Jahrhundert das Adjektiv hinzugefügt; zur Unterscheidung der Gattung Mensch von jener der Affen und der Hominiden, den «Menschenähnlichen». Dabei heisst «sapiens» eigentlich «weise». Ob das heute noch passt für uns, das sei mal dahingestellt.

Sonntag, 2. Februar 2020

Ladenöffnungszeiten: DIE Chance



Kleine, mittelgrosse und (für schweizerische Verhältnisse) grosse Städte haben hierzulande alle dasselbe Problem: die Innenstädte – häufig weitgehend denkmalgeschützte Altstädte – verwaisen. Sie sterben leise und unspektakulär. Die Läden gehen ein und das Gewerbe zieht aus. Wo die Läden noch existieren, wird ihr Mix zunehmend einseitiger: Modeboutiquen – entweder von Allerweltsketten oder als kurzlebige Sternschnuppen, Coiffeursalons, Kleinstläden mit Selbstgebasteltem und allenfalls noch die eine und andere Galerie eines Kunstfreundes, der wirtschaftlich nicht auf die Einnahmen des Geschäfts angewiesen ist und sich die Galerie als Hobby leistet.
Schuld sei in erster Linie das Online-Shopping, wird landauf und -ab von Medien und Politikern unisono behauptet. Nur: Das Sterben der Stadtzentren hat Jahrzehnte VOR dem Internet begonnen. Städtchen wie Laufenburg, Burgdorf oder Lenzburg u.a. waren schon tot, bevor es das Online-Shopping gab und auch Oltens Altstadt lag schon Jahre vorher in der Agonie.

Über die Gründe wie über mögliche Rezepte bzw. Therapien gegen dieses Aussterben der Innenstädte wurden bereits unzählige Studien, Master- und Bachelorarbeiten verfasst. DIE Lösung scheint noch niemand gefunden zu haben. Wie so oft mag sie in einem Mix von Massnahmen liegen und nicht in einem einzigen Super-Rezept. Die Belebung der Innenstädte beginnt bei der Wirtschaftspolitik der betroffenen Gemeinde, bei deren Raumplanung und den Budgets für die Infrastruktur. Gefordert sind auch die Immobilienbesitzer. Von ihnen werden mehr Flexibilität, Mut zu Investitionen und mehr Offenheit neuen Entwicklungen gegenüber verlangt. Die Gemeinden müssen das Gespräch mit ihnen suchen und sie und ihre Ideen wo immer möglich unterstützen – und nicht innovativen Pläne noch eine Fülle bürokratischer Steine in den Weg legen. Wie das geht? Man erkundige sich mal im Kanton Uri bei der Gemeinde Andermatt.

Die Behörden der betroffenen Kantone müssen alte Normen und Verordnungen hinterfragen und Hand zu neuen Lösungen bieten; auch und allen voran die Denkmalpflege. Nicht alles, was mehr als 100 Jahr alt ist, ist besser und schöner und deshalb integral zu erhalten. Auch Neues kann schön sein und in 100 Jahren ebenfalls als Beispiel einer Epoche dienen. Aber auch schikanöses oder rechthaberisches Verhalten von Bewilligungsbehörden ist da fehl am Platz. Ebenso das allseits beliebte Katz-und-Maus-Spiel gewisser Verwaltungsabteilungen nach dem Prinzip: «Was die vom anderen Amt bestimmen oder wollen, geht uns nichts an. Auch dann nicht, wenn es das Gegenteil von dem ist, was wir von Ihnen wollen. Das ist allein Ihr Problem.»

Ein Thema, um das Gemeinde- wie Kantonalpolitiker gerne einen grossen Bogen machen, sind die Ladenöffnungszeiten. Hier beherrschen noch immer alte Gewerkschaftsparolen und noch ältere Vorstellungen aus Gewerbekreisen die Diskussionen und führen damit stets zu einem Nein an der Urne, das am Ende niemandem auch nur einen Grashalm einbringt. Im Gegenteil: Am Ende gehen Gewerbe ein, Stellen werden abgebaut und das Steuersubstrat sinkt. Beide, Gewerkschaften wie Gewerbler, fürchten sich vor liberaleren Ladenöffnungszeiten, weil sie diese gleichsetzen mit längeren Ladenöffnungs- und längeren Arbeitszeiten. Seltsamerweise würde es niemandem einfallen, eine Drogerie schon um sechs Uhr morgens zu öffnen, wie das die nebenstehende Bäckerei tut. Ich kenne einen Coiffeursalon, der seine Türen an gewissen Tagen um 06.30 Uhr öffnet – aber sie um 13.00 Uhr auch wieder schliesst. Weil das die Kunden explizit so wünschen. Sie sind genau deswegen Kunde bei ebendiesem Salon und nicht bei der Konkurrenz, die um neun Uhr öffnet und erst um 18 Uhr schliesst. Niemand muss 24 Stunden geöffnet haben - aber jeder soll seine Kunden so bedienen können, wie und wann sie es wünschen.

Liberale Öffnungszeiten sind gerade für kleinere, private Geschäfte und Familienbetriebe in den Innenstädten eine ausgezeichnete Chance, sich von den grossen Ketten zu unterscheiden. Sie können sich damit ihre eigene Stammkundschaft aufbauen – weil sie dann geöffnet haben, wenn die anderen geschlossen bleiben. Wenn ich mein Feierabendbier noch mit einem Besuch beim Metzger oder der Käserei verbinden kann, weil sie erst um 20 Uhr oder um 21 Uhr schliessen, dann ist das Teil einer sehr geschätzten Lebensqualität. Aber deswegen muss die Käserei nicht auch zwischen 14 und 16 Uhr geöffnet haben. Und wenn ich nach einem langen Arbeitstag im Büro mit einem Brummschädel feststelle, dass die Tabletten gegen die Kopfschmerzen ausgegangen sind, hilft es mir wenig, wenn um diese Zeit ausschliesslich in Bern, Basel oder Zürich eine Apotheke geöffnet hat. Liebe Gewerbler: Die reinen Hausfrauen werden weniger. Fünf Millionen Schweizerinnen und Schweizer sind berufstätig. Die grosse Mehrheit von ihnen benötigt offene Geschäfte vor oder nach der üblichen Arbeitszeit. Und nicht zwischen 10 und 12 und zwischen 14 und 17 Uhr, wenn in der Schweiz noch immer die allermeisten Geschäfte geöffnet haben.

Wenn die Leute abends nach Aarberg oder Olten ins Restaurant gehen, sind dort die Läden zu. Warum kann und darf der Bürger nicht das Eine mit dem Anderen, den Einkauf mit dem Bier oder dem Nachtessen im Restaurant verbinden? Am Samstag pilgern viele Mitbürgerinnen ins Einkaufszentrum, um genau das miteinander zu verbinden: den Einkauf und den Kaffee oder einen Lunch. Restaurants und Läden würden beide voneinander profitieren – und die Lebensqualität würde steigen – für die Konsumenten wie für die Innenstädte(r).

Ist es nicht paradox wenn viele Gemeinden und ab und zu gar eine kantonale Behörde ihre Schalteröffnungszeiten inzwischen soweit liberalisiert haben, dass auch arbeitstätige Mitbürgerinnen  mit einem 100%-Pensum problemlos und ohne Extra-Freitag ihre Anliegen vorbringen und ihre Amtsgeschäfte tätigen können – wenn dann jedoch die gleiche Gemeinde, der gleiche Kanton den privaten KMU verwehrt, was er aufgrund berechtigter Einsicht selber vollzogen hat?