Soeben haben sich die Gewerkschaften wieder einmal dem Thema
Altersrente angenommen. Die Arbeitnehmer müssten «immer mehr» Beiträge bezahlen
und erhielten «immer weniger Rente», monierten die Gewerkschaften. Was heisst:
«immer mehr» und «immer weniger»? Die Gewerkschaften suggerieren hier, dass es
sich um einen Zustand handelt, der seit Jahrzehnten anhält und weitere
Jahrzehnte – «immer» eben – anhalten wird.
Tatsache ist, dass die AHV-Renten alle zwei Jahre angepasst
werden. Seit die AHV im Jahr 1948 eingeführt wurde, wurden die Renten
ausnahmslos nach oben angepasst. Das letzte Mal erfolgte die Erhöhung auf den
Beginn des laufenden Jahres. Dies obwohl wir alle immer älter werden und
deshalb kontinuierlich mehr Rentenjahre «geschenkt» erhalten. Nicht nur die
Monatsrente wird also höher, auch das Total aller von einer Person
durchschnittlich bezogenen AHV-Renten nimmt zu.
Dasselbe gilt für die Pensionskassenrenten. Seit 1985 gibt
es das BVG-Obligatorium. Wer in den Jahren davor nicht beim Staat gearbeitet
hat, der hatte vorher keine oder nur eine rudimentäre 2. Säule-Versicherung. Das
heisst, dass die meisten Arbeitnehmer mit Jahrgang 1960 und älter nicht während
ihrem ganzen Berufsleben zusammen mit ihrem Arbeitgeber auf ihr 2. Säule-Konto
einbezahlt haben. Mit anderen Worten: Jahr für Jahr werden nun
Arbeitnehmerinnen pensioniert, die besser versichert sind als ihre Vorgänger.
Oder anders formuliert: das Guthaben, das ein durchschnittlicher Arbeitnehmer bis
zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters ORA angespart hat, nimmt jährlich
deutlich zu.
Wenn trotzdem die monatliche BVG-Altersrente nicht im
gleichen Umfang steigt, so allein deshalb, weil das angesparte Kapital heute
für mehr Rentenjahre reichen muss als vor bald 35 Jahren. Denn die Lebenserwartung
der 64- und 65-Jährigen ist in dieser Zeit deutlich gestiegen.
Nicht die Renten sinken also, sondern die Menschen werden
immer älter. Weil gleichzeitig die Ausbildungszeit laufend zunimmt – erst
recht, wenn auch die Weiterbildungs- und Umschulungszeiten mit eingerechnet
werden –, muss in viel kürzerer Zeit als vor 30 Jahren viel mehr Kapital als
damals errechnet, angespart werden, um die Renten bis ans Lebensende zu
sichern. In anderen europäischen Industrieländern wurde deshalb das Rentenalter
auf 67 Jahre erhöht oder dieses wird gar laufend der Lebenserwartung angepasst
wie zum Beispiel in Dänemark.
Anders als etwa in Skandinavien verschliessen sich jedoch in
der Schweiz die politische Linke und die Gewerkschaften – teilweise noch
unterstützt durch die SVP – einer solchen oder ähnlichen Lösung. Es ist eben
bedeutend einfacher, «Rentenklau» zu schreien, als konstruktive und
zukunftsgerichtete Lösungen mitzutragen; als der eigenen Wahlklientel reinen
Wein einzuschenken. Es ist einfacher Parolen auf die Wahl- und
Abstimmungsplakate zu schreiben, als mit Argumenten zu überzeugen. Offenbar
auch dann, wenn diese Argumente mehr als deutlich auf der Hand liegen. Wenn die
Faktenlage gar derart überdeutlich vorliegt, dass sie von niemandem ernsthaft in
Zweifel gezogen wird.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen