Jahrzehntelang wollte die Linke in der Schweiz eine
Reichtumssteuer einführen. In den nächsten Monaten wollen sie diese Diskussion
wieder aufnehmen. Ihre Meinung: Reich sein ist unanständig. Wer viel verdient,
soll künftig noch mehr Steuern bezahlen. Ganz in diesem Sinne erhöht der Kanton
Solothurn, falls die nächste Steuervorlage vom Volk angenommen wird, die
Vermögenssteuern von Gutsituierten um rund 20%.
Dies stellt gerade für KMU, für Familienbetriebe und
Gewerbler eine erhebliche steuerliche Mehrbelastung dar. Denn, was die meisten
Stimmberechtigten nicht wissen, die Steuerbehörden schätzen jährlich den Wert
dieser Betriebe ein – und das nach einer Formel, die für die ganze Schweiz gilt
und heute für Unternehmensschätzungen als völlig überholt, als veraltet und als
sehr verzerrend gilt. Die Formel wird weder den technischen oder
gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre gerecht, noch macht sie
einen Unterschied zwischen den Branchen. Die Einen werden so bevorteilt, die Anderen
benachteiligt.
Fünf Prozent der Steuerpflichtigen in der Schweiz
finanzieren mehr als zwei Drittel der Bundessteuerreinnahmen; dies gemäss der neusten
Statistik der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Und diese fünf Prozent sind bei
weitem nicht alle extrem reich. Ihr steuerbares Einkommen liegt bei mehr als
150'000 Franken. Das erreicht zum Beispiel ein gut ausgebildetes
Doppelverdiener-Ehepaar sehr schnell. Rund die Hälfte aller Steuerpflichtigen
bezahlen dagegen lediglich 2% der gesamten Bundessteuern. Wenn das keine
Reichtumssteuer ist, was ist es dann?
Die Kantone und Gemeinden kennen meist eine etwas kleinere
Progression. Trotzdem äufnen hier 5% der Steuerpflichtigen den Einkommenssteuer-Topf
jährlich um rund 40% oder etwa 20 Milliarden (Zahlen von 2016). Oder, etwas
breiter gefasst: 20% der Steuerpflichtigen entrichten 70% aller Bundes-,
Kantons- und Gemeindesteuern in der Schweiz. Wenn also diese 20% zum Beispiel
in einem Rezessionsjahr durchschnittlich 10% weniger Einkommen haben, fehlen
den Gemeinwesen in der Schweiz in einem einzigen Jahr mehr als 3.5 Milliarden
Franken in der Kasse. Dabei ist die Progression, die sich in diesem Fall
umgekehrt auswirkt, noch nicht einmal berücksichtigt. Weiter werden laufend
Gelder bei der AHV und immer öfter beim BVG umverteilt.
Diese riesige Umverteilung kann man als gerade richtig, als
zu hoch oder als zu tief einschätzen. Sicher ist: jeder einzelne Steuerfranken
musste auch hier von jemandem zuerst verdient werden. Und dieser Jemand musste
dazu auch motiviert sein. Mit Vorteil (für die Staatskasse) ist er dies auch in
diesem und im nächsten Jahr wieder. Wenn ein grösserer Teil der gutverdienenden
Schweizer Arbeitnehmenden sich auf den Standpunkt stellen würde: «Weniger
arbeiten und verdienen ist besser. Es bleibt mehr Freizeit. Und auf diese zu
verzichten lohnt sich wegen der hohen Steuern ohnehin nicht.» Wenn also
hierzulande eintreten würde, was vor wenigen Jahrzehnten zum Beispiel in
Schweden eintrat. Wenn die gutverdienenden Steuerpflichtigen zwar nicht mit
Wegziehen, aber mit einem indirekten «Steuerstreik» auf die hohen Progressionen
reagieren würden. Dann würden der Staatskasse etliche Milliarden fehlen. Die
Umverteilung würde massiv verringert. Der Staat könnte darauf kaum reagieren.
Steuererhöhungen wären auf jeden Fall das falsche Mittel. Innert weniger Jahre
würden wohl von der öffentlichen Hand enorme Schulden aufgehäuft werden.
Umverteilung, Solidarität hat ihre Grenzen. Wo diese genau
sind, weiss niemand. Werden sie aber überschritten, erfolgt eine starke
Reaktion. Aktuell ist die Umverteilung in der Schweiz sehr gross. Sie wurde in
den letzten 30 Jahren systematisch erhöht; auch wegen des Drucks der
politischen Linken. Weitere und neue Umverteilungs-Übungen werden im eidgenössischen
Parlament im Moment vorbereitet. Jeder nüchternen Beobachterin ist klar, dass
diese Umverteilung heute die Schmerzgrenze erreicht hat. Dafür gibt es erste
deutliche Anzeichen: Immer mehr ausgezeichnet ausgebildete junge Menschen
arbeiten nur noch Teilzeit. Sie haben die Rechnung für sich bereits gemacht.
Der Trend ist klar. Die Arbeitgeber können ihn bestätigen. Die einzige Frage
ist: Erkennt das die Politik auch oder vernebeln hier parteipolitische
Interessen einmal mehr den klaren Blick.
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