Überall, wo in diesem Land eine Tanne etwas höher wächst als die Nachbartanne, wird ihr der Spitz abgehackt. Und weil diese offensichtlich etwas ehrgeizigere oder fleissigere Tanne doch bald wieder die anderen überragen könnte, wird ihr grad sehr grosszügig der Spitz abgehackt. Gemeinden im Kanton Solothurn, die in der Vergangenheit ihr Geld sehr sorgfältig ausgegeben haben und deshalb ihre Steuern senken konnten. Kantone, die viel in ihre Infrastruktur investiert haben wie Zürich zum Beispiel (Flughafen, Universität, zwei neue unterirdische Bahnhöfe etc.) und deshalb ihre Standortattraktivität und in der Folge auch ihre Steuereinnahmen erhöht haben. Kantone, die gestern in die Zukunft investiert und dafür Opfer gebracht haben wie Schwyz zum Beispiel.
All dies sind heute Tannen, die die anderen überragen und deshalb gehörig gestutzt werden müssen. So jedenfalls fordert es die Mehrheit, assistiert von einigen Volksvertreterinnen und Volksvertretern. Zuerst wird dafür gesorgt, dass sich alle darüber empören, dass sich hier Einzelne erdreistet haben, Erfolg zu haben. Ja sogar noch mehr Erfolg als jene Gemeinden und Kantone, die sich darauf beschränkt haben, zu verwalten was war. Sie haben trotz Bibelwissen ihre Groschen vergraben anstatt sie zu investieren. Ihnen fehlte der Fleiss oder der Mut oder die visionäre Weitsicht – oder alle Drei zusammen. Und daran sind die anderen schuld: Wären sie nicht so aktiv gewesen, hätte den Mangel niemand bemerkt.
Deshalb müssen den Erfolgreichen nun die Gipfel gestutzt werden. Das nennt sich politisch «Finanzausgleich». Jeder Förster und jeder Waldbesitzer weiss, wohin das führt. Der starken Tanne kann man den Wipfel stutzen; vielleicht sogar mehrmals. Aber sie wird dabei von ihrer Stärke verlieren. Ihr Wachstum wird ins Mittelmass zurückfallen; vielleicht wird sie sogar krank; und zu arg drangsaliert, stirbt sie gar gänzlich ab. Mit anderen Worten: Eine gewisse Zeit mögen die «Schwächeren» vom Finanzausgleich profiteiern. Wenn sie aber ihre zusätzlichen Mittel erneut nicht wieder zukunftsorientiert investieren, sondern lediglich weiterhin verwalten, werden bald alle miteinander als Verlierer dastehen.
Zwar sind dann alle gleicher als vor der Umverteilungsübung. Doch um den Preis, dass die Steuern immer noch gleich hoch, der Wohlstand aber gesunken sein wird. Ist das die Aufgabe der Politik? Weder ein Biologe noch ein Ökonom wird solches Handeln als weitsichtig und längerfristig erfolgreich bezeichnen wollen. Da können noch so viele Politikerinnen und Politiker applaudieren, weil sie mit ihrer Wahlklientel die Mehrheit verkörpern: Sie führen ihrem Wahlvolk zwar kurzfristig Geld zu. Aber sie schaden mit ihrer Politik unserem Land auf mittlere und lange Sicht. Sie kompromittieren seine Zukunft und damit die Zukunft unserer Kinder. Von der Gleichheit ist noch nie jemand satt geworden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen