Montag, 6. Januar 2020

Der Spatz zum Preis des Papageis


Zweiter Anlauf Solothurns zur Umsetzung der vom Bund vorgegebenen und vom Volk angenommenen Unternehmenssteuereform, die uns die EU aufgezwungen hat. Diese wollte und will die Schweiz zwingen ihre Staatsquote ebenso hoch zu «fahren» wie sie selber und damit als Standort für Unternehmen unattraktiv zu werden. In der Hoffnung, die EU werde dann vom unattraktiven Steuer- und Unternehmensstandort Schweiz profitieren können.

Die Linke hat sich das Nein der ersten Volksabstimmung zu Nutzen gemacht und für sich reklamiert. In Wirklichkeit hatte wohl das Solothurner Stimmvolk bloss Angst vor dem eigenen Mut – und dabei wurde es von diversen Politikerinnen und Politikern, auch aus dem bürgerlichen Lager, intensiv unterstützt. Schon seinerzeit bei der Senkung der Vermögenssteuer ist der Kanton Solothurn auf halbem Weg stehen geblieben. Der Erfolg blieb zwiespältig, um nicht ehrlich zu sagen: «Er blieb weitgehend aus.»

Jedes Kind weiss es: Steuersenkungen sind eine Investition in die Zukunft. Eine Investition der Eltern für ihre Kinder und Enkel. Die Eltern verzichten heute auf einen Teil des Konsums, um für ihre Kinder morgen mehr Arbeitsplätze und ein freundlicheres Steuerklima zu erreichen. Kurz: Um für ihre Kinder Arbeitsplätze und damit den Wohlstand zu sichern. Dafür müssen Steuersenkungen diesen Namen aber auch verdienen. Kantone wie Schwyz, Nidwalden oder Luzern haben vorgemacht, wie das geht. Alle unter der Ägide der Mittepartei CVP und nicht etwa unter der Führung «rechtskonservativer Neoliberaler», wie dies die Linke nur allzu gerne schubladisiert.

Die erste Unternehmenssteuervorlage wurde von den aktiven Solothurner Stimmberechtigten nur sehr knapp abgelehnt. Leichte Korrekturen zugunsten der natürlichen Personen hätten gereicht, um der Vorlage zum Erfolg zu verhelfen. Was jetzt von der Regierung vorgeschlagen und von den Gemeindevertretern (ja, auch von denen, deren Gemeinden in den letzten Jahren stets nur als Bittsteller am Finanzausgleichstopf aufgefallen sind) gutgeheissen worden ist, ist bei Licht betrachtet, desolat. Eine sogenannte «Steuersenkung» für Unternehmen, die Schweizer Familienunternehmen in einer Holding-Struktur mehr belastet als bisher, ausländische Holding-Gesellschaften massiv mehr belastet als bisher und damit den Unternehmensstandort Solothurn stärken sollte.

Wäre das nicht Politik, wäre es ein schlechter Witz. Das alles kostet nämlich den Kanton und die Gemeinden Steuersubstrat. Nur wird diese Vorlage das ursprünglich anvisierte Ziel verfehlen: Deswegen zieht kein einziges Unternehmen neu in den Kanton Solothurn und kein Unternehmen schafft hier deswegen neue, zusätzliche Arbeitsplätze. Nicht mal die KMU werden mit dieser Vorlage wirklich entlastet. Denn was man ihnen mit der rechten Hand gibt, nimmt die linke gleich wieder – und in vielen Fällen noch grosszügiger – weg. Der Kanton Solothurn bringt es nicht fertig, einen mutigen Schritt in die Zukunft zu wagen. Es bleibt bei einem zaghaften halben Schrittchen nach vorn und einem Viertelschritt retour.

Unsere Regierung und das Parlament verwalten den Kanton, statt ihn zu gestalten und die Weichen für die Zukunft zu stellen. Wer ist dafür verantwortlich, dass der Kanton Jahr für Jahr weiter zurückfällt – was sich nirgends so einfach und ebenso präzis ablesen lässt wie beim stetig steigenden Finanzausgleich. Ist dafür etwa der Jura verantwortlich, die Aare oder das Wetter? Weder ein Regierungsmitglied noch eine Partei haben sich in den letzten 25 Jahren dieser Verantwortung gestellt. Alle stehlen sie sich davon, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen.
Was bleibt von der jüngsten «Steuerübung», die wohl vom Volk etwa mit der gleichen Begeisterung geschluckt werden dürfte wie der Spinat von den Kindern? Und wie beim Spinat gefallen sich Parteien, Gemeindevertreter, Parlament und Regierung darin, dem Souverän zu suggerieren, dass diese Vorlage alles zum Besten wenden werde. Nein, wird sie nicht. Die Einnahmenverluste von Kanton und Gemeinden sind sicher. Die Kompensation durch zusätzliche Unternehmen und Arbeitsplätze wird hingegen nicht stattfinden. Der Kanton Solothurn erkauft sich für den Preis eines schönen Papageis einen simplen Spatz. Er erkauft sich mit dieser Vorlage letztlich sogar die Perpetuierung seines volkswirtschaftlichen Kriechgangs – und dieser hat eines auf sicher: keine Zukunft.
Und was wird aus unseren Kindern? Ist doch egal. Hauptsache wir können heute lustvoll weiter konsumieren und weiter unangestrengt verwalten.

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