Freitag, 31. Januar 2020

Wenn das nur keiner merkt...



Beim Bund ist man eben daran, die Schweizer Bürgerinnen und Bürger im wahrsten Sinn des Wortes an der Nase herum zu führen. Dabei versucht man möglichst wenig Aufhebens um die Sache zu machen und vor allem übersehen die Verantwortlichen geflissentlich, dass sie eigentlich die hehre Pflicht hätten, den Bürgern reinen Wein vorzusetzen, statt ihn für dumm zu verkaufen.

Worum geht es? Das Bundesgericht hat vor einiger Zeit entschieden, dass die Billag, jene Firma, welche in den letzten Jahren die Radio- und Fernsehgebühren eingezogen hatte, völlig zu Unrecht auf diesen Gebühren die Mehrwertsteuer erhoben hat.

Die Aufsicht über diesen Vorgang obliegt dem Bundesamt für Kommunikation BAKOM bzw. dem UVEK, dem Departement von Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Glücklich über den Entscheid des Bundesgerichtes war man im BAKOM ebenso wenig wie bei der SRG, der Empfängerin unserer Gebühren. Seither sucht das BAKOM einen Weg, mit möglichst wenig Rückerstattung davon zu kommen. Eile scheint dabei auch niemand zu haben. Der Grund liegt auf der Hand: Das Bundesgericht hielt bereits 2018 fest, dass Beiträge vor 2010 schon verjährt seien. Dass hier also die Gebührenzahler um 8% geprellt worden sind. Und wenn alles noch lange dauert…

Aber das BAKOM hat inzwischen einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, der quasi die Quadratur des Zirkels versucht oder sogar das Ei des Kolumbus gefunden hat: Die zu viel bezahlten Gebühren werden zwar zurückerstattet. Die Gebührenzahler erhalten also gemäss Bundesgerichtsurteil das, was ihnen zusteht. Die SRG erhält aber jenen Betrag, den sie jetzt ihren Nutzern zurückzahlen muss, entschädigt. Denn die damals zu viel eingenommenen Gelder hat die SRG natürlich inzwischen ausgegeben – auch wenn sie ihr eigentlich gar nicht gehört haben. Und wie soll man diese Franken jetzt wieder herzaubern?

Die BAKOM-Lösung überzeugt auf den ersten Blick. Jeder bekommt etwas. Niemandem wird etwas weggenommen. Dem Rechtsstaat ist Genüge getan. Könnte man meinen. Aber woher kommt das Geld, das vom BAKOM nun grosszügig an die SRG adressiert werden soll? Vom Bund natürlich. Zu Deutsch heisst das also: Der Gebührenzahler erhält das Geld, das ihm die SRG unrechtmässig aus dem Sack gezogen hat, wieder zurück. Als Steuerzahler muss derselbe Gebührenzahler das gleiche Geld aber der SRG wieder zurückgeben.
Die Quintessenz: Die SRG darf also das Geld behalten, das sie unrechtmässig eingezogen hat. Der Gebührenzahler bekommt das Geld in die rechte Hosentasche bezahlt und aus der linken nimmt man es ihm wieder weg. Durchaus in der Hoffnung, dass er sich das ohne aufzumucken gefallen lässt. Da bleibt nurmehr ein Gedanke: Für wie blöd halten eigentlich BAKOM/UVEK und SRG die mündigen Stimmbürger, Gebühren- und Steuerzahlerinnen? Weshalb spart sich denn das UVEK nicht wenigstens den ganzen, teuren Rückerstattungsaufwand und verkündet offiziell und ehrlich, dass das Departement und die SRG keine Lust haben, das Bundesgerichtsurteil umzusetzen?

Mittwoch, 29. Januar 2020

Die dynamische Verwaltung



Jede Verwaltung neigt dazu, sich selbst zu beschäftigen und aus sich selbst heraus zu wachsen. Dies ist eine Feststellung und keine Beschimpfung irgendwelcher Mitarbeiterinnen von irgendwelchen Verwaltungen. Dort wie anderswo gibt es gute, ordentliche und weniger gute Mitarbeitende. Im Durchschnitt sind die Leistungen der meisten Verwaltungen in der Schweiz gut bis sehr gut. Aber das steht hier nicht zur Debatte.

Es geht um die Frage, wie viel Verwaltung nötig ist für unser Land, damit die staatlichen Aufgaben ordentlich erfüllt werden können. Ein Thema, das üblicherweise bei den jährlichen Budgetdebatten breit diskutiert wird. Es geht aber auch um die Frage, wie viel Verwaltung wir uns leisten können.

Deshalb einen kurzen Blick auf ein paar Fakten:
-        Die Bevölkerung des Kantons Solothurn wuchs seit 2007 weniger stark als im Schweizer Durchschnitt. Das heisst, dass die Zahl der Steuerpflichtigen langsamer wuchs als in anderen Kantonen.
-        Das BIP-Wachstum (Bruttoinlandprodukt), also das Wirtschaftswachstum, hinkt im gleichen Zeitraum mit etwa 1.2% dem schweizerischen BIP-Wachstum von rund 1.5% hinterher.
-        Zwischen 2008 und 2019 – also in den letzten 10 Jahren – nahm die Zahl der Verwaltungsstellen im Kanton Solothurn von 2653 auf 3207 zu. Sie stieg also um beinahe 21%.
-        Die Zahl der Bundesstellen – dies zum Vergleich – stieg zwischen 2008 und 2019 um 18.5% auf 38'223 an. Auch das ist eine stolze Zahl, besonders wenn man sie mit dem Wirtschaftswachstum im gleichen Zeitraum vergleicht.
-        Im Kanton Solothurn heisst das, dass 2019 rund 85 Einwohner je eine kantonale Verwaltungsstelle finanzieren mussten. Wem das wenig erscheint, der sei daran erinnert, dass hier die Verwaltungsstellen auf Gemeinde- und auf Bundesebene erst noch hinzu kommen.

Eine leistungsfähige, gut organisierte Verwaltung mit motivierten Angestellten ist nötig, damit unser Staatswesen gut funktioniert. Die Frage lautet jedoch: Wie viel Verwaltung wollen und wie viel können wir uns überhaupt leisten? Wächst die Verwaltung weiterhin derart rasant und vor allem um soviel stärker als die Wirtschaft, werden wir uns das umso schneller nicht mehr leisten können. Dabei stehen nicht die Löhne der Verwaltungsangestellten im Fokus – gut ausgebildete Fachleute sind hier ebenso wichtig wie in der Privatwirtschaft. Die Zahl der Stellen jedoch darf nicht in den Himmel wachsen. Im Moment sind wir jedoch genau auf diesem – auf dem falschen – Weg.


Montag, 27. Januar 2020

Zu wenig Qualität für zu viel Geld



Das Unvermögen der kantonalen solothurnischen Ausgleichskasse AKSO kostet den Kanton 3.5 Millionen Franken – so jedenfalls sieht das der Bund, beziehungsweise das eidgenössische Finanzdepartement. Das ist zwar kein Riesenbetrag, aber immerhin sind das fast 13 Franken pro Einwohner im Kanton. Das solothurnische Departement des Innern, das via Amt für soziale Sicherheit für die AKSO verantwortlich zeichnet, hüllt sich in Schweigen. Während der Bund fehlende Datenlieferungen moniert, schreibt der Kanton nebulös von «technischen Problemen» bei der Datenlieferung an den Bund. Was immerhin auf einen Fehler hindeutet – und gleichzeitig belegt, dass niemand bereit ist dafür die Verantwortung zu übernehmen: Die Technik ist schuld.

Dass das Amt für soziale Sicherheit seine Aufsichtspflicht über die AKSO etwas grosszügig auslegt, darauf deuten aber noch andere Indizien hin: die Administration der AKSO ist nicht über alle Zweifel erhaben. Es passieren Fehler, die schlicht nicht passieren dürften. Zwei Beispiele gefällig?

-        Ein Unternehmen zieht aus einem anderen neu in den Kanton Solothurn und meldet sich bei der AKSO. Das sei nicht nötig, wird dort beschieden. Man stütze sich auf die Angaben des Handelsregisters, die man ja zuverlässig erhalte. Als jedoch lange nichts passiert, fragt das Unternehmen nach und erhält überraschend zur Antwort, es sei gar nicht im Kanton Solothurn, sondern in einem anderen beitragspflichtig. Also ein neuer Anlauf. Diesmal schriftlich, inkl. Kopien des Handelsregisterauszugs. Erst jetzt klappt es. Man hatte «etwas übersehen».
-        Eine Person nähert sich dem ordentlichen Rentenalter und meldet sich ordnungsgemäss rechtzeitig zur AHV-Rente an. Doch die Rente kommt nicht. Also fragt die Person bei der AKSO nach. Man hatte «etwas übersehen» - die erste Rente wird mit fast zweimonatiger Verspätung ausbezahlt.

Hat die AKSO zu wenig Personal? Wohl kaum, denn der Verwaltungskostenbeitrag liegt für einen kleinen Gewerbebetrieb bei horrenden 3.3% der Lohnsumme. Zum Vergleich: die Ausgleichsklasse des Kantons Bern, die völlig zweisprachig funktionieren muss, erhebt für die gleiche Dienstleistung 1.8% - also ziemlich genau die Hälfte. Und auch das ist eigentlich noch ein happiger Beitrag. Denn die Ausgleichskasse Berner Arbeitgeber AKBA kommt sogar mit 0.6% aus. Das ist für die absolut identische Dienstleistung 5.5mal weniger als die AKSO.

Wäre es nicht an der Zeit, hier mal genauer hinzuschauen? Umso mehr als moderne Soft- und Hardware eigentlich ausgerechnet solche Dienstleistungen vereinfachen, vergünstigen und qualitativ verbessern sollten. Entweder die Angestellten der anderen Ausgleichkassen sind fleissiger – wovon nicht auszugehen ist, die Arbeitstools sind veraltet oder die Organisation und die Führung der AKSO sind mangelhaft. Da für die Gewerbebetriebe und für die Unternehmen im Kanton Solothurn hohe Verwaltungskosten ebenso wie die Gewinnsteuern die Produktionskosten verteuern, ist die Politik gefordert, diesen Standortnachteil für den Kanton Solothurn rasch zu eliminieren. Weil daraus zusätzlich noch eine Erhöhung der Unternehmensgewinne und damit der Steuereinnahmen für Kanton und Gemeinden resultiert, wäre dies eindeutig eine dringliche und vorrangige Aufgabe. Eine, die eigentlich am Ende sogar nur Gewinner kennen wird. Es muss sie nur jemand anpacken.



Sonntag, 19. Januar 2020

Teure staatliche Luxus-Monopole


Ein Unternehmen zahlt Steuern, weil es für seine Geschäftstätigkeit genauso wie die sogenannt «natürlichen Personen» von einem funktionierenden Staat und seiner Infrastruktur profitiert. Das leuchtet Allen ein und es ist unbestritten. Dass staatliche Institutionen wie Schulen oder Spitäler keine Steuern bezahlen müssen, erscheint uns allen ebenfalls als richtig und angemessen. Dies ganz im Gegensatz etwa zu Privatschulen und Privatspitälern.

Aber weshalb müssen Firmen, die Elektroanlagen planen oder realisieren, keine Steuern bezahlen? Weshalb jene Firmen nicht, die mit dem Stromhandel ihr Geld verdienen? Oder die Kantonalbanken: weshalb müssen hier die einen keine Steuern zahlen, die anderen schon (je nach Kanton)? Eine solche Bevorteilung einzelner Firmen verzerrt die Märkte und benachteiligt – und das staatlich sanktioniert – die konkurrierenden Privatunternehmen.

Diese Steuerbefreiungen stammen aus einer anderen Zeit. Aus der Zeit, als diese Unternehmen eine hohe soziale Bedeutung hatten und ihr von der Mehrheit des Souveräns gewolltes und geschaffenes Monopol durchaus Sinn machte. Inzwischen jedoch wurden die Märkte geöffnet – sogar der Strommarkt soll endlich und mit grosser Verzögerung auch in der Schweiz liberalisiert werden. Was das heisst, mag das Beispiel des Telekommarktes verdeutlichen: wir alle haben das noch in bester Erinnerung. Die Preise sind gesunken und die Leistungen der Unternehmen haben sich massiv verbessert und ausgeweitet.

Inzwischen gibt es keinen vernünftigen Grund mehr dafür, dass Unternehmen wie die RegioEnergie oder einzelne Kantonalbanken von einer Steuerbefreiung profitieren. Die RegioEnergie fischt schon längst und immer intensiver ausserhalb des Teichs, der ihr einmal zugewiesen worden war. Sie tritt als freie Unternehmerin auf und konkurrenziert mit ihren Zukäufen die lokalen und regionalen KMU und Gewerbebetriebe. Dagegen ist nichts einzuwenden – wenn alle gleichlange Spiesse haben. Das heisst, wenn ihre Monopole wegfallen und ihre Steuerbelastung genau die gleiche ist, wie bei ihren Mitbewerbern am Markt.

Schaffen wir also Ordnung und bereinigen wir diese Schieflage raschmöglichst. Auch die RegioEnergie soll durch ihre Kompetenz überzeugen und nicht durch tiefere Preise wegen einer indirekten staatlichen Subventionierung. Denn die Steuerbefreiung ist am Ende nichts Anderes als eine unnötige und ausserdem völlig ungerechtfertigte wie ungerechte kantonale Subventionierung.

Freitag, 17. Januar 2020

Dringender Handlungsbedarf


Der Kanton Solothurn hat in der Finanz- wie in der Wirtschaftspolitik dringenden Handlungsbedarf. Alle Wirtschafts-, Steuer- und Finanzstatistiken des Bundes belegen das jährlich wieder von neuem und mit laufend erhöhter Dringlichkeit. Weder die regierenden Parteien noch Exekutive oder Legislative scheinen dies hingegen wahrzunehmen. Wollen sie der Realität nicht in die Augen schauen oder überfordert sie die Konfrontation mit diesen Fakten?

Inzwischen hat Solothurn auch beim Freiheitsindex wieder zwei Plätze verloren. 14 Kantone sind besser als wir, nur elf schlechter. Die Gründe:
-        Die Staatsquote (also die Steuern und staatlichen Abgaben) nahm weiter zu.
-        Die Bonität des Kantons nahm ab; das heisst, den Schulden steht eine tendenziell abnehmende Wirtschaftskraft des Kantons gegenüber.
-        Zu viele kantonale Monopole statt mehr freie Marktwirtschaft.
-        Zu viele, Gewerbe und Wirtschaft ein- und beengende Vorschriften.

Dank einem innovativen ehemaligen Baudirektor hat der Kanton Solothurn äusserst kurze Baubewilligungs-Fristen. Das wird positiv vermerkt und zeigt damit zweierlei:
1.      läge der Kanton sonst in der Bewertung wohl am Ende der Rangliste,
2.      wäre es möglich, aus diesem Kanton ein modernes, flexibles Staatsgebilde zu machen, in dem die Bürgerinnen und Bürger sich sehr wohl fühlen; nötig wäre nur, den Stier bei den Hörnern und die Aufgaben anzupacken.

Die Tatsache, dass der Kanton Solothurn nur Mittelmass ist, ist nicht gottgegeben, sondern selber verursacht. Aufwachen – anpacken! Diese Fakten müssen alarmieren: laufend abnehmende Steuerkraft, die höchste Leerstandsquote schweizweit bei den Wohnungen, eine der höchsten Steuerbelastungen, unterdurchschnittliche wirtschaftliche Entwicklung, etc. Vom Zuwarten wird’s nicht besser.

Das solothurnische Hauptproblem liegt weder in Brüssel noch bei einer (zu) bürgerlichen oder zu wenig grünen Politik oder der ausländischen Zuwanderung: Es liegt in der Trägheit unserer politischen und administrativen Verantwortungsträger.

Mittwoch, 15. Januar 2020

Flexibilität ist gefragt, nicht Stillstand


Die Welt verändert sich täglich. Jede und jeder Einzelne ebenso wie Unternehmen, Institutionen und Organisationen sind herausgefordert, diese Veränderungsprozesse mit zu machen – oder buchstäblich auf der Strecke zu bleiben.

Vor einigen Jahren haben Solothurner Regierung und Parlament beschlossen, die nötige Ausfinanzierung der kantonalen Pensionskasse nicht sofort zu realisieren, sondern auf die nächsten Jahrzehnte zu «vertagen». Jährlich sollen 27.5 Millionen Franken dieser alten Schuld abgetragen werden. Zukunftsgerichtet ist das sicherlich nicht. Eine Schuld, die unsere Väter angehäuft haben, nicht sofort zu bezahlen, sondern gar noch auf unsere Kinder und Enkel zu «verteilen». Und das in Kenntnis der Tatsache, dass unsere Kinder und Enkel sowieso ein Problem haben werden, weil zwei – und im Extremfall sogar nur einer von ihnen – auch noch je einen Rentner zu finanzieren haben. Dies, weil die vorhergehende Generation sich ihre AHV-Rente stets von der nachfolgenden finanzieren lässt.
Das ist etwa so, wie wenn ich heute ins Restaurant gehe und dem Wirt nach gehabten Gaumenfreuden erkläre, mein Enkel komme dann vorbei und bezahle die Rechnung. Der Enkel wird das nur dann «freiwillig» tun, wenn er dem Grossvater eine bereits fortgeschrittene Demenz attestieren muss.

Jener Teil der Solothurner Pensionskasse, der noch nicht ausfinanziert ist, muss jeweils verzinst werden. Wie dies mit fast jeder Schuld üblich – und fair – ist. Das heisst, der Kanton müsste weniger Steuergelder aufwenden, wenn er die Schuld schon vor ein paar Jahren beglichen hätte oder wenn er sie wenigstens jetzt sofort begleichen würde. Das nötige Geld dazu gibt ihm der Kapitalmarkt – und für diese Darlehen erhält der Kanton auch noch Zinsen. Das heisst, das ganze Geschäft kommt deutlich billiger zu stehen – und es ist erst noch fairer den kommenden Generationen gegenüber.

Warum reagiert der Kanton nicht auf den Kapitalmarkt und warum begleicht er die Rechnungen nicht umgehend? Die Gelegenheit dazu war nie besser. Aufwachen, liebe Verantwortliche! Es ist Zeit sich zu bewegen. Im Interesse von uns Allen.

Montag, 13. Januar 2020

Das Gesetz von Ursache und Wirkung


Die Schlagzeile: «Bund schlägt Alarm.» Der Grund: Zu viele Medikamente fehlen in der Schweiz. Und es werden laufend mehr. Deshalb also schlägt nun das Bundesamt für Gesundheit BAG Alarm. Ausgerechnet das BAG, das in den letzten Jahren in trauter Einigkeit mit der Linken nicht müde wurde, die Pharmaunternehmen zu kritisieren. Die Medikamente seien nicht nur zu teuer, sie seien geradezu unanständig teuer, wurde angeprangert. Die Pharmabranche würde sich auf dem Buckel der armen Prämienzahlenden schamlos bereichern. Sie würde sich dumm und dämlich verdienen. Das sei eine unethische Abzockerei zugunsten der Milliardäre und zu Lasten der Krankenversicherten. Unterstützt mehrmals und explizit auch vom Bundesrat, wurde in regelmässigen Abständen berichtet, welche Erfolge die Behörden und Politik im Ringen mit der Pharmabranche wieder errungen habe und wie viele Millionen dabei die Versicherten nun bald sparen könnten.

Alles in bester Ordnung? Niemand protestierte laut gegen diese mehrfache Einmischung der Politik in den Markt und es schien auch niemand daran zu zweifeln, dass dieses Vorgehen angemessen und richtig sei. Dass dieses Vorgehen nur positive Folgen zeitigen werde. Jedenfalls wehrte sich weder eine Partei noch die economiesuisse im grossen Stil dagegen. Nur die Pharmabranche selber wies ab und zu auf mögliche negative Folgen hin; aber kaum jemand wollte das ernst nehmen.

Die Schweizer Pharma verzichtete jedoch in der Folge darauf, diese Medikamente weiter selber herzustellen. Es erfolgten die üblichen Schritte bedrängter Unternehmen: zuerst die Verlagerung ins Ausland und schliesslich, wenn auch das nicht mehr rentierte, der Verzicht auf die Produktion. Andere sprangen in die Bresche. Allen voran Indien und China. Mit dem Ergebnis, dass nun zwar die Preise stimmen, aber im Gegenzug sowohl die Qualität der Medikamente als auch die Versorgungssicherheit leiden. Aus indischer oder chinesischer Perspektive ist nun mal die kleine Schweiz kein wichtiger Markt.

Wer hat hier also versagt? Der Markt sicherlich nicht. Er hat sich im Gegenteil sehr schnell den neuen Gegebenheiten angepasst – und wird das auch weiterhin tun. Die Politik hingegen war einmal mehr blauäugig und kurzsichtig. Ihre Möglichkeiten völlig überschätzend hat sie gemeint, den Markt zwingen zu können. Jetzt schlägt sie Alarm und erwägt neue Markteingriffe, die mit grösster Wahrscheinlichkeit erneut negative Folgen – einfach andere – zeitigen werden.

Der Patient, der das Medikament X benötigt, um gesund zu werden, wird dafür immer jeden irgendwie möglichen Preis zu zahlen bereit sein. Die Gesundheit ist uns allen dieses «Opfer» wert. Es hilft aber weder dem Patienten noch der Krankenkasse, wenn der Patient pro Monat einen Franken spart bei der Prämie, dafür aber eine Woche länger im Spital bleibt, weil das richtige Medikament fehlt.
Nicht neue Markteingriffe der Politik liefern letztlich die besten Medikamente und die sicherste Versorgung mit ihnen, sondern die Marktfreiheit. Wenn es sich lohnt, ein Medikament für den Schweizer Markt in der Schweiz herzustellen, wird dies auch geschehen. In ausreichender Menge. Wenn an einem bestimmten Medikament (zu) viel Geld verdient werden kann, wird die Konkurrenz sehr rasch auf den Plan treten und die Preise werden sinken. Gerade in der globalisierten Welt warten Viele nur auf solche Marktgelegenheiten.

Keine Politik und kein Staat haben jemals eine bessere Versorgung mit Gütern welcher Art auch immer gewährleisten können als der freie Markt. Das hat sich auch bei der 100%igen Staatswirtschaft des Kommunismus gezeigt. Kurzfristig mag die Politik scheinbar gewinnen – langfristig siegt immer der Markt. Und der Markt, das sind wir Alle. Alle Konsumenten dieser Welt.

Das BAG sollte also zum Wohle von uns Allen ausschliesslich über die Folgen seines eigenen Tuns alarmiert sein. Und es sollte daraus die richtigen Schlüsse ziehen.

Samstag, 11. Januar 2020

Quo vadis Solothurn?


Der Kanton Solothurn wächst – schweizweit betrachtet – seit vielen Jahren unterdurchschnittlich. Das liegt nicht etwa daran, dass es zu wenig Wohnungen gäbe. In kaum einem anderen Kanton stehen so viele Wohnungen leer wie im Kanton Solothurn. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Kantons nimmt langsamer zu als anderswo. Die Steuerkraft ebenfalls.

In den 80-er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die Gründe für diese schon damals mässige Gangart des Kantons im Niedergang der Industrie, besonders der Uhrenindustrie und in der Tatsache verortet, dass die grossen Zentren Zürich, Bern und Basel dem Kanton Solothurn das Wasser abgraben würden. Beide Argumente könnten auch Kantone wie Schwyz, Zug, Nidwalden, Luzern oder der Nachbarkanton Aargau für sich reklamieren. Einzig die Uhrenindustrie ist in Solothurn speziell. Diese läuft aber inzwischen und seit vielen Jahren schon auf Hochtouren. Und die daraus entstandene Medizinaltechnologie boomt ebenfalls. Weshalb also der Kriechgang des Kantons Solothurn, während ihm die genannten Kantone mehr oder weniger rasant davon galoppiert sind?

An den Rahmenbedingungen für die Wirtschaft liegt es kaum. Diese sind durchaus gut und konkurrenzfähig. In der geografischen Nähe liegen diverse Hochschulen und Fachhochschulen. An Ausbildungsstätten mangelt es also auch nicht. Liegt es an der Motivation oder am Willen der Bevölkerung? Wohl kaum; der Kanton Solothurn besteht aus zahlreichen Regionen mit unterschiedlichem Charakter. Gemeinsam ist ihnen eine starke Verzahnung mit dem jeweiligen Umland. Die typische Solothurnerin gibt es erst gar nicht.

Bleibt allein die Steuerpolitik. Hier zeigen sich zwischen dem Kanton Solothurn und den genannten Kantonen enorme Unterschiede. Die solothurnische Steuerpolitik ist schwerfällig, mutlos und rückwärtsgewandt. Will der Kanton deshalb aus der negativen Spirale ausbrechen, die ihn immer weiter nach hinten bringt in den wichtigen nationalen Statistiken, benötigt er einen steuerpolitischen Befreiungsschlag. Dieser soll jedoch nicht mit einem enormen Anstieg der staatlichen Verschuldung erkauft werden. Das wäre eine Hypothek, die den Weg in die Zukunft wieder belasten würde. Deshalb muss gleichzeitig der gesamte Staatsapparat verwesentlicht werden. Niemals ging das so gut wie heute, weil die Digitalisierung zusätzlich hilft, Abläufe zu straffen und Beamtenstellen einzusparen. Die Arbeitslosigkeit ist tief, die Besetzung der Stellen wird wegen der Alterspyramide zusehends schwieriger: Weitere Gründe, die für einen rigorosen Abbau der Staatstätigkeit sprechen.

Wünschbar ist Vieles. Nicht immer ist es auch das Beste. Oft ist es aber das teuerste. Deshalb: Weg mit allem Wünschbaren, Konzentration auf das Nötige. Das Wünschbare können sich nur die Reichen leisten. Das weiss jeder, der seinen Privathaushalt im Griff hat. Bevor Solothurn reich ist, bleibt deshalb das Wünschbare für diesen Kanton tabu.

Donnerstag, 9. Januar 2020

Solidarität findet statt, aber sie hat Grenzen


Jahrzehntelang wollte die Linke in der Schweiz eine Reichtumssteuer einführen. In den nächsten Monaten wollen sie diese Diskussion wieder aufnehmen. Ihre Meinung: Reich sein ist unanständig. Wer viel verdient, soll künftig noch mehr Steuern bezahlen. Ganz in diesem Sinne erhöht der Kanton Solothurn, falls die nächste Steuervorlage vom Volk angenommen wird, die Vermögenssteuern von Gutsituierten um rund 20%.
Dies stellt gerade für KMU, für Familienbetriebe und Gewerbler eine erhebliche steuerliche Mehrbelastung dar. Denn, was die meisten Stimmberechtigten nicht wissen, die Steuerbehörden schätzen jährlich den Wert dieser Betriebe ein – und das nach einer Formel, die für die ganze Schweiz gilt und heute für Unternehmensschätzungen als völlig überholt, als veraltet und als sehr verzerrend gilt. Die Formel wird weder den technischen oder gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre gerecht, noch macht sie einen Unterschied zwischen den Branchen. Die Einen werden so bevorteilt, die Anderen benachteiligt.

Fünf Prozent der Steuerpflichtigen in der Schweiz finanzieren mehr als zwei Drittel der Bundessteuerreinnahmen; dies gemäss der neusten Statistik der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Und diese fünf Prozent sind bei weitem nicht alle extrem reich. Ihr steuerbares Einkommen liegt bei mehr als 150'000 Franken. Das erreicht zum Beispiel ein gut ausgebildetes Doppelverdiener-Ehepaar sehr schnell. Rund die Hälfte aller Steuerpflichtigen bezahlen dagegen lediglich 2% der gesamten Bundessteuern. Wenn das keine Reichtumssteuer ist, was ist es dann?

Die Kantone und Gemeinden kennen meist eine etwas kleinere Progression. Trotzdem äufnen hier 5% der Steuerpflichtigen den Einkommenssteuer-Topf jährlich um rund 40% oder etwa 20 Milliarden (Zahlen von 2016). Oder, etwas breiter gefasst: 20% der Steuerpflichtigen entrichten 70% aller Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuern in der Schweiz. Wenn also diese 20% zum Beispiel in einem Rezessionsjahr durchschnittlich 10% weniger Einkommen haben, fehlen den Gemeinwesen in der Schweiz in einem einzigen Jahr mehr als 3.5 Milliarden Franken in der Kasse. Dabei ist die Progression, die sich in diesem Fall umgekehrt auswirkt, noch nicht einmal berücksichtigt. Weiter werden laufend Gelder bei der AHV und immer öfter beim BVG umverteilt.

Diese riesige Umverteilung kann man als gerade richtig, als zu hoch oder als zu tief einschätzen. Sicher ist: jeder einzelne Steuerfranken musste auch hier von jemandem zuerst verdient werden. Und dieser Jemand musste dazu auch motiviert sein. Mit Vorteil (für die Staatskasse) ist er dies auch in diesem und im nächsten Jahr wieder. Wenn ein grösserer Teil der gutverdienenden Schweizer Arbeitnehmenden sich auf den Standpunkt stellen würde: «Weniger arbeiten und verdienen ist besser. Es bleibt mehr Freizeit. Und auf diese zu verzichten lohnt sich wegen der hohen Steuern ohnehin nicht.» Wenn also hierzulande eintreten würde, was vor wenigen Jahrzehnten zum Beispiel in Schweden eintrat. Wenn die gutverdienenden Steuerpflichtigen zwar nicht mit Wegziehen, aber mit einem indirekten «Steuerstreik» auf die hohen Progressionen reagieren würden. Dann würden der Staatskasse etliche Milliarden fehlen. Die Umverteilung würde massiv verringert. Der Staat könnte darauf kaum reagieren. Steuererhöhungen wären auf jeden Fall das falsche Mittel. Innert weniger Jahre würden wohl von der öffentlichen Hand enorme Schulden aufgehäuft werden.

Umverteilung, Solidarität hat ihre Grenzen. Wo diese genau sind, weiss niemand. Werden sie aber überschritten, erfolgt eine starke Reaktion. Aktuell ist die Umverteilung in der Schweiz sehr gross. Sie wurde in den letzten 30 Jahren systematisch erhöht; auch wegen des Drucks der politischen Linken. Weitere und neue Umverteilungs-Übungen werden im eidgenössischen Parlament im Moment vorbereitet. Jeder nüchternen Beobachterin ist klar, dass diese Umverteilung heute die Schmerzgrenze erreicht hat. Dafür gibt es erste deutliche Anzeichen: Immer mehr ausgezeichnet ausgebildete junge Menschen arbeiten nur noch Teilzeit. Sie haben die Rechnung für sich bereits gemacht. Der Trend ist klar. Die Arbeitgeber können ihn bestätigen. Die einzige Frage ist: Erkennt das die Politik auch oder vernebeln hier parteipolitische Interessen einmal mehr den klaren Blick.

Mittwoch, 8. Januar 2020

Das Gesetz von Ursache und Wirkung


Die Schlagzeile: «Bund schlägt Alarm.» Der Grund: Zu viele Medikamente fehlen in der Schweiz. Und es werden laufend mehr. Deshalb also schlägt nun das Bundesamt für Gesundheit BAG Alarm. Ausgerechnet das BAG, das in den letzten Jahren in trauter Einigkeit mit der Linken nicht müde wurde, die Pharmaunternehmen zu kritisieren. Die Medikamente seien nicht nur zu teuer, sie seien geradezu unanständig teuer, wurde angeprangert. Die Pharmabranche würde sich auf dem Buckel der armen Prämienzahlenden schamlos bereichern. Sie würde sich dumm und dämlich verdienen. Das sei eine unethische Abzockerei zugunsten der Milliardäre und zu Lasten der Krankenversicherten. Unterstützt mehrmals und explizit auch vom Bundesrat, wurde in regelmässigen Abständen berichtet, welche Erfolge Behörden und Politik im Ringen mit der Pharmabranche wieder errungen hätten und wie viele Millionen dabei die Versicherten nun bald sparen könnten.

Alles in bester Ordnung? Niemand protestierte laut gegen diese mehrfache Einmischung der Politik in den Markt und es schien auch niemand daran zu zweifeln, dass dieses Vorgehen angemessen und richtig sei. Und ebenso, dass dieses Vorgehen nur positive Folgen zeitigen werde. Jedenfalls wehrte sich weder eine Partei noch die economiesuisse im grossen Stil dagegen. Nur die Pharmabranche selbst wies ab und zu auf mögliche negative Folgen hin; aber kaum jemand wollte sie ernst nehmen.

Die Schweizer Pharma verzichtete jedoch in der Folge darauf, diese Medikamente weiter selber herzustellen. Es erfolgten die üblichen Schritte bedrängter Unternehmen: zuerst die Verlagerung ins Ausland und schliesslich, wenn auch das nicht mehr rentierte, der Verzicht auf die Produktion. Andere sprangen in die Bresche. Allen voran Indien und China. Mit dem Ergebnis, dass nun zwar die Preise stimmen, aber im Gegenzug sowohl die Qualität der Medikamente als auch die Versorgungssicherheit leiden. Aus indischer oder chinesischer Perspektive ist nun mal die kleine Schweiz kein wichtiger Markt.

Wer hat hier also versagt? Der Markt sicherlich nicht. Er hat sich im Gegenteil sehr schnell den neuen Gegebenheiten angepasst und wird das auch weiterhin tun. Die Politik hingegen war einmal mehr blauäugig und kurzsichtig. Ihre Möglichkeiten völlig überschätzend hat sie gemeint, den Markt zwingen zu können. Jetzt schlägt sie Alarm und erwägt sogleich neue Markteingriffe, die mit grösster Wahrscheinlichkeit erneut negative Folgen – einfach andere – zeitigen werden.

Der Patient, der das Medikament X benötigt, um gesund zu werden, wird dafür immer jeden irgendwie möglichen Preis zu zahlen bereit sein. Die Gesundheit ist uns allen dieses «Opfer» wert. Es hilft aber weder dem Patienten noch der Krankenkasse, wenn der Patient pro Monat einen Franken spart bei der Prämie, dafür aber eine Woche länger im Spital bleibt, weil das richtige Medikament fehlt.
Nicht neue Markteingriffe der Politik liefern letztlich die besten Medikamente und die sicherste Versorgung mit ihnen, sondern die Marktfreiheit. Wenn es sich lohnt, ein Medikament für den Schweizer Markt in der Schweiz herzustellen, wird dies auch geschehen. In ausreichender Menge. Wenn an einem bestimmten Medikament (zu) viel Geld verdient werden kann, wird die Konkurrenz sehr rasch auf den Plan treten und die Preise werden sinken. Gerade in der globalisierten Welt warten Viele nur auf eine solche Marktgelegenheit.

Keine Politik und kein Staat haben jemals eine bessere Versorgung mit Gütern welcher Art auch immer gewährleisten können als der freie Markt. Kurzfristig mag die Politik scheinbar gewinnen – langfristig siegt immer der Markt. Und der Markt, das sind wir Alle. Alle Konsumenten dieser Welt.

Das BAG sollte also zum Wohle von uns Allen ausschliesslich über die Folgen seines eigenen Tuns alarmiert sein.


Wer an die eigene Lüge glaubt, macht daraus noch keine Wahrheit


Soeben haben sich die Gewerkschaften wieder einmal dem Thema Altersrente angenommen. Die Arbeitnehmer müssten «immer mehr» Beiträge bezahlen und erhielten «immer weniger Rente», monierten die Gewerkschaften. Was heisst: «immer mehr» und «immer weniger»? Die Gewerkschaften suggerieren hier, dass es sich um einen Zustand handelt, der seit Jahrzehnten anhält und weitere Jahrzehnte – «immer» eben – anhalten wird.

Tatsache ist, dass die AHV-Renten alle zwei Jahre angepasst werden. Seit die AHV im Jahr 1948 eingeführt wurde, wurden die Renten ausnahmslos nach oben angepasst. Das letzte Mal erfolgte die Erhöhung auf den Beginn des laufenden Jahres. Dies obwohl wir alle immer älter werden und deshalb kontinuierlich mehr Rentenjahre «geschenkt» erhalten. Nicht nur die Monatsrente wird also höher, auch das Total aller von einer Person durchschnittlich bezogenen AHV-Renten nimmt zu.

Dasselbe gilt für die Pensionskassenrenten. Seit 1985 gibt es das BVG-Obligatorium. Wer in den Jahren davor nicht beim Staat gearbeitet hat, der hatte vorher keine oder nur eine rudimentäre 2. Säule-Versicherung. Das heisst, dass die meisten Arbeitnehmer mit Jahrgang 1960 und älter nicht während ihrem ganzen Berufsleben zusammen mit ihrem Arbeitgeber auf ihr 2. Säule-Konto einbezahlt haben. Mit anderen Worten: Jahr für Jahr werden nun Arbeitnehmerinnen pensioniert, die besser versichert sind als ihre Vorgänger. Oder anders formuliert: das Guthaben, das ein durchschnittlicher Arbeitnehmer bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters ORA angespart hat, nimmt jährlich deutlich zu.

Wenn trotzdem die monatliche BVG-Altersrente nicht im gleichen Umfang steigt, so allein deshalb, weil das angesparte Kapital heute für mehr Rentenjahre reichen muss als vor bald 35 Jahren. Denn die Lebenserwartung der 64- und 65-Jährigen ist in dieser Zeit deutlich gestiegen.

Nicht die Renten sinken also, sondern die Menschen werden immer älter. Weil gleichzeitig die Ausbildungszeit laufend zunimmt – erst recht, wenn auch die Weiterbildungs- und Umschulungszeiten mit eingerechnet werden –, muss in viel kürzerer Zeit als vor 30 Jahren viel mehr Kapital als damals errechnet, angespart werden, um die Renten bis ans Lebensende zu sichern. In anderen europäischen Industrieländern wurde deshalb das Rentenalter auf 67 Jahre erhöht oder dieses wird gar laufend der Lebenserwartung angepasst wie zum Beispiel in Dänemark.

Anders als etwa in Skandinavien verschliessen sich jedoch in der Schweiz die politische Linke und die Gewerkschaften – teilweise noch unterstützt durch die SVP – einer solchen oder ähnlichen Lösung. Es ist eben bedeutend einfacher, «Rentenklau» zu schreien, als konstruktive und zukunftsgerichtete Lösungen mitzutragen; als der eigenen Wahlklientel reinen Wein einzuschenken. Es ist einfacher Parolen auf die Wahl- und Abstimmungsplakate zu schreiben, als mit Argumenten zu überzeugen. Offenbar auch dann, wenn diese Argumente mehr als deutlich auf der Hand liegen. Wenn die Faktenlage gar derart überdeutlich vorliegt, dass sie von niemandem ernsthaft in Zweifel gezogen wird.


Dienstag, 7. Januar 2020

Ein Fass ohne Boden


Die Solothurner Kantonsfinanzen sind ein Fass ohne Boden. Die Steuereinnahmen steigen seit Jahrzehnten kontinuierlich an. Aus dem Finanzausgleichstopf flossen 2009 rund 200 Millionen in unseren Kanton. 2020 werden es rund 400 Millionen sein – eine Verdoppelung innert nur zehn Jahren. Da müsste ja die Kantonskasse überlaufen und die Steuern paradiesisch tief sein.

Eine Tatsache ist jedoch: Der Kanton Solothurn zählt zu den Steuerhöllen in der Schweiz und rutschte in diesen zehn Jahren weiter nach unten. Der Finanzausgleich und die Gelder der Nationalbank haben ihn offenbar eher ärmer als reicher gemacht.

Das Erstaunliche daran ist: das scheint in unserem Kanton niemanden zu stören. Weder eine der politischen Parteien noch die Regierung legen sich ins Zeug und rufen nach einer raschen und gründlichen Remedur. Es scheint, als hätten sich alle mit dem heutigen Zustand abgefunden und würden ihn als unabänderlich und schicksalshaft betrachten. Das ist er aber nicht.

Kantone wie Nid- oder Obwalden hatten vor zwanzig Jahren deutlich schlechtere Karten als der Kanton Solothurn. Sie sind inzwischen gewachsen. Neue Arbeitsplätze, mehr gute Steuerzahler, tiefere Steuern für Alle, mehr Wohlstand für Alle: das sind die Folgen. Selbst der Kanton Uri hat seinen Ressourcenindex (Grundlage für die Finanzausgleichszahlungen) zwischen 2009 und 2019 von 60.6 auf 70.1 Punkte gesteigert. Luzern gar von 76.5 auf 89 Punkte. Und Solothurn? Unser Kanton ist beim Ressourcenindex in den letzten zehn Jahren von 76.2 auf 73 Punkte gefallen. Es wird niemand behaupten wollen, der Kanton Uri hätte vor zehn Jahren die besseren Karten gehabt als der Kanton Solothurn. Aber offensichtlich hat man im Rathaus von Altdorf Vieles besser gemacht als in jenem von Solothurn.

Alarmstimmung in Solothurn? Besondere Aktivitäten? Fehlanzeige. Niemand scheint beunruhigt. Die Politik plätschert ruhiger vor sich als die Aare bei Solothurn – und die fliesst dort schon sehr gemächlich. Warum sind etliche Kantone so viel erfolgreicher als Solothurn? Die meisten haben ebenso wie Solothurn keine Universität, sie liegen verkehrstechnisch kaum besser oder gar schlechter als Solothurn. Sie haben ähnliche Herausforderungen zu meistern. Sie haben keinen internationalen Flughafen – die einen oder anderen haben wegen Kloten bloss etwas mehr Fluglärm als Solothurn und teilweise erheblich grössere Verkehrsprobleme.

Die Zeit für Ausreden ist längst vorbei: Alle Zeichen stehen auf Sturm und es ist mehr als höchste Zeit, dass die Solothurner endlich aufwachen. Die wunderbare Juragegend, die gute Verkehrsanbindung, die gepflegte Kultur: die Grundlagen sind vorhanden. Das Fundament steht, aber es sollte endlich einer ein Haus darauf bauen! Regierung und Parlament müssen erwachen und das Heft in die Hände nehmen. Lange genug wurde passiv zugewartet, wurde bloss verwaltet. Wenn wir unseren Nachkommen keinen bankrotten Staat überlassen wollen, müssen wir rasch und mutig handeln. Sonst wird Solothurn in geografischer und kultureller Schönheit sterben und nur in jener Statistik kontinuierlich weiter nach oben klettern, die den Titel «Armutsindikator» trägt. Verantwortungsträger müssen ihre Verantwortung wahrnehmen – sonst werden sie zur Verantwortung gezogen.

Montag, 6. Januar 2020

Der Spatz zum Preis des Papageis


Zweiter Anlauf Solothurns zur Umsetzung der vom Bund vorgegebenen und vom Volk angenommenen Unternehmenssteuereform, die uns die EU aufgezwungen hat. Diese wollte und will die Schweiz zwingen ihre Staatsquote ebenso hoch zu «fahren» wie sie selber und damit als Standort für Unternehmen unattraktiv zu werden. In der Hoffnung, die EU werde dann vom unattraktiven Steuer- und Unternehmensstandort Schweiz profitieren können.

Die Linke hat sich das Nein der ersten Volksabstimmung zu Nutzen gemacht und für sich reklamiert. In Wirklichkeit hatte wohl das Solothurner Stimmvolk bloss Angst vor dem eigenen Mut – und dabei wurde es von diversen Politikerinnen und Politikern, auch aus dem bürgerlichen Lager, intensiv unterstützt. Schon seinerzeit bei der Senkung der Vermögenssteuer ist der Kanton Solothurn auf halbem Weg stehen geblieben. Der Erfolg blieb zwiespältig, um nicht ehrlich zu sagen: «Er blieb weitgehend aus.»

Jedes Kind weiss es: Steuersenkungen sind eine Investition in die Zukunft. Eine Investition der Eltern für ihre Kinder und Enkel. Die Eltern verzichten heute auf einen Teil des Konsums, um für ihre Kinder morgen mehr Arbeitsplätze und ein freundlicheres Steuerklima zu erreichen. Kurz: Um für ihre Kinder Arbeitsplätze und damit den Wohlstand zu sichern. Dafür müssen Steuersenkungen diesen Namen aber auch verdienen. Kantone wie Schwyz, Nidwalden oder Luzern haben vorgemacht, wie das geht. Alle unter der Ägide der Mittepartei CVP und nicht etwa unter der Führung «rechtskonservativer Neoliberaler», wie dies die Linke nur allzu gerne schubladisiert.

Die erste Unternehmenssteuervorlage wurde von den aktiven Solothurner Stimmberechtigten nur sehr knapp abgelehnt. Leichte Korrekturen zugunsten der natürlichen Personen hätten gereicht, um der Vorlage zum Erfolg zu verhelfen. Was jetzt von der Regierung vorgeschlagen und von den Gemeindevertretern (ja, auch von denen, deren Gemeinden in den letzten Jahren stets nur als Bittsteller am Finanzausgleichstopf aufgefallen sind) gutgeheissen worden ist, ist bei Licht betrachtet, desolat. Eine sogenannte «Steuersenkung» für Unternehmen, die Schweizer Familienunternehmen in einer Holding-Struktur mehr belastet als bisher, ausländische Holding-Gesellschaften massiv mehr belastet als bisher und damit den Unternehmensstandort Solothurn stärken sollte.

Wäre das nicht Politik, wäre es ein schlechter Witz. Das alles kostet nämlich den Kanton und die Gemeinden Steuersubstrat. Nur wird diese Vorlage das ursprünglich anvisierte Ziel verfehlen: Deswegen zieht kein einziges Unternehmen neu in den Kanton Solothurn und kein Unternehmen schafft hier deswegen neue, zusätzliche Arbeitsplätze. Nicht mal die KMU werden mit dieser Vorlage wirklich entlastet. Denn was man ihnen mit der rechten Hand gibt, nimmt die linke gleich wieder – und in vielen Fällen noch grosszügiger – weg. Der Kanton Solothurn bringt es nicht fertig, einen mutigen Schritt in die Zukunft zu wagen. Es bleibt bei einem zaghaften halben Schrittchen nach vorn und einem Viertelschritt retour.

Unsere Regierung und das Parlament verwalten den Kanton, statt ihn zu gestalten und die Weichen für die Zukunft zu stellen. Wer ist dafür verantwortlich, dass der Kanton Jahr für Jahr weiter zurückfällt – was sich nirgends so einfach und ebenso präzis ablesen lässt wie beim stetig steigenden Finanzausgleich. Ist dafür etwa der Jura verantwortlich, die Aare oder das Wetter? Weder ein Regierungsmitglied noch eine Partei haben sich in den letzten 25 Jahren dieser Verantwortung gestellt. Alle stehlen sie sich davon, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen.
Was bleibt von der jüngsten «Steuerübung», die wohl vom Volk etwa mit der gleichen Begeisterung geschluckt werden dürfte wie der Spinat von den Kindern? Und wie beim Spinat gefallen sich Parteien, Gemeindevertreter, Parlament und Regierung darin, dem Souverän zu suggerieren, dass diese Vorlage alles zum Besten wenden werde. Nein, wird sie nicht. Die Einnahmenverluste von Kanton und Gemeinden sind sicher. Die Kompensation durch zusätzliche Unternehmen und Arbeitsplätze wird hingegen nicht stattfinden. Der Kanton Solothurn erkauft sich für den Preis eines schönen Papageis einen simplen Spatz. Er erkauft sich mit dieser Vorlage letztlich sogar die Perpetuierung seines volkswirtschaftlichen Kriechgangs – und dieser hat eines auf sicher: keine Zukunft.
Und was wird aus unseren Kindern? Ist doch egal. Hauptsache wir können heute lustvoll weiter konsumieren und weiter unangestrengt verwalten.

Sonntag, 5. Januar 2020

Gold für Gruppen


Immer wenn die Politik ganzen Gruppen neue finanzielle Segnungen zuteilwerden lässt oder lassen will, müssen bei jedem ehrlichen Steuerzahler sämtliche Alarmglocken schrillen. Nie sind ganze Bevölkerungsgruppen arm oder reich oder krank oder gesund. Lange Jahre und in einzelnen Parteien noch heute wurden bzw. werden etwa alte Leute mit armen Leuten gleichgesetzt. Jeder weiss, dass es unter alten Menschen ebenso wie unter Familienvätern oder Frauen solche gibt mit einem Millioneneinkommen und solche, die auf die staatliche Fürsorge angewiesen sind.

Wenn die SBB zum Beispiel jedem, der das ORA (ordentliche Rentenalter) erreicht, das 1.Klass-GA um CHF 1500.- im Jahr vergünstigen, heisst dies nur, die treiben den obgenannten Blödsinn auf die Spitze. Wer vor der Pensionierung ein 1. Klasse-Generalabonnement kaufen wollte und konnte, kann dies in der Regel auch als Rentnerin noch. Wenn es ihr zu teuer ist, kann sie auf das 2.-Klass-GA oder auf das Halbtax ausweichen. Dies wenn sie weiterhin üppig den OV benützen will; auch dann, wenn die tägliche Pendlerei und die Wege zu den Arbeitssitzungen wegfallen.

Es sind Klischees, die hier bedient werden. Von deren Bedienung erhoffen sich einzelne Parteiideologen einen Vorteil bei den nächsten Wahlen. Mehr mögen sie nicht beinhalten. Jedenfalls wurde der Politiker noch nie gesichtet, der öffentlich zugibt, dass er solche einseitigen Bevorteilungen von gesellschaftlichen Gruppen weiterhin unterstützt, obwohl sie offensichtlich unnötig und ungerecht sind. Denn wer sich am Staatstopf ohne Not bedient, ist schlicht und einfach ein Schmarotzer.

Jetzt sind neuerdings die älteren Arbeitslosen dran. Jene, die kurz vor dem ordentlichen ORA ihren Job verlieren. Dies obwohl alle wissen, dass man ebenso gut auch die alleinerziehenden Mütter oder die jungen Erwerbslosen als Zielgruppe für ein zusätzliches staatliches Manna ausersehen könnte. Wer in unserem Land seinen Job verliert, dem hilft die Arbeitslosenversicherung. Sind deren Leistungen beendet (d.h. ist er ausgesteuert), ist die Sozialfürsorge zuständig. Dabei wird diese Person vom Moment der Anmeldung bei der ALV ununterbrochen von gut bezahlten Beraterinnen und Beratern begleitet. Es wird in den nächsten Jahren für diese neue Zielgruppe zunehmend einfacher, eine neue Anstellung zu finden. Denn fehlen heute vor allem qualifizierte Hände werden es morgen einfach Hände sein, nach denen händeringend gesucht wird.

Das alles wissen jene Politikerinnen und Politiker, die heute allen Ernstes ein neues Gesetz für eine neue Anspruchsgruppe schmieden, das bald einen dreistelligen Millionenbetrag kosten wird und niemals mehr beseitigt werden kann, auch wenn es noch so abstrus und unnötig ist. Einmal mehr geben die Politiker mit der einen Hand grosszügig jenes Geld aus, das sie vorher mit der anderen den Steuerzahlenden kleinlichst aus dem Sack geklaubt haben. Und dieses Gesetz schafft mehr Ungerechtigkeiten als es solche beseitigt. Wer nämlich Zeit seines Lebens genau für diesen Fall vorgesorgt und Geld gespart oder sich laufend weitergebildet hat, der wird von dieser Segnung nicht profitieren. Entweder weil er nun zu viel Geld auf dem Konto hat oder weil er erst gar nicht arbeitslos wird.
Wer sein Geld jedoch, anstatt es in die Weiterbildung zu investieren oder ins Sparschein zu legen, für Ferien in der Karibik ausgegeben hat, darf heute auf das Mitleid der Politik zählen. Die wirklich Dummen und diejenigen, die Pech haben, sind einmal mehr die Weitsichtigen, diejenigen, die selbstverantwortlich handeln, die Zahlenden. Sie dürfen auf kein Verständnis und schon gar nicht auf Mitleid hoffen – auch dann nicht, wenn sie zum Beispiel als Bäcker, Metzger oder als Wirtsleute frustriert den Hut nehmen oder schlicht Bankrott gehen. Reden sie dann von «zunehmend schlechteren Rahmenbedingungen» fürs Gewerbe und die KMU, wird ihnen dies noch als faule Ausrede ausgelegt. «Faul» und zwar sehr faul ist hier aber etwas Anderes.

Samstag, 4. Januar 2020

Wenn in der Politik aus einem X ein U wird


Da treffen sich ein paar Solothurner/innen aus diversen Parteien, von links bis rechts, und befinden gemeinsam, sie hätten das Ei des Kolumbus gefunden. Flugs nennen sie ihre Idee «Jetz si mir draa» und beginnen für ihre Initiative Unterschriften zu sammeln. Dass sie die 3000 Unterschriften sofort beisammenhaben, verwundert niemanden. Wer kann schon dagegen sein, wenn all die «armen» Mitbürgerinnen und Mitbürger von der Steuerlast ganz oder zu grossen Teilen befreit werden. Steuersenkungen sind ja für alle Bürgerlichen stets positiv – diesmal gar für die Linke. Wenn schon die Unternehmen steuerlich entlastet werden sollen, dann sollen auch die Mitbürgerinnen mit kleinen Einkommen «profitieren», ist die Botschaft der Initianten. Dass viele Unternehmen – auch Familienunternehmen mit einer Holding-Struktur zum Beispiel – durch die Revision viel stärker belastet werden, übersehen sie dabei grosszügig.

Allerdings muss am Ende jemand die Ausgaben des Staates berappen. Dass die Steuerzahler mit geringen Einkommen sehr vielfältig und weit überdurchschnittlich von den Segnungen der Allgemeinheit profitieren, ist nun mal eine Tatsache. Genannt seien hier bloss die doch sehr namhafte Verbilligung der Krankenkassenprämie oder das Bildungssystem.

Steuersenkungen sind Investitionen in die Zukunft. In die Zukunft des Gemeinwesens wie in die Zukunft von uns allen. Sie fördern neue Arbeitsplätze und den Wohlstand und generieren im Normalfall auch mehr Steuersubstrat. Und das kann der Kanton Solothurn sehr dringend gebrauchen. Denn heute kann unser Kanton nur überleben, weil er jährlich rund 400 Millionen Schweizerfranken von der Schweizerischen Nationalbank SNB und aus dem Finanzausgleichstopf bekommt. Noch vor 30 Jahren vermochte unser Kanton ohne diese Gelder auszukommen und die Steuerbelastung lag im Schweizer Durchschnitt. Heute liegt sie trotz dieses sehr grossen «Zustupfs» an der Spitze, bei den sogenannten «Steuerhöllen».

Was löst die anbegehrte Steuersenkung bei den kleinen Einkommen aus? Sie macht unseren Kanton für diese Einkommen attraktiv – und damit steigen dessen Ausgaben überdurchschnittlich. Jeder Solothurnerin ist es zu gönnen, wenn ihre Steuerrechnung etwas tiefer ausfällt als bis anhin. Das geht aber nur ohne Bankrott des Kantons, wenn gleichzeitig die staatlichen Leistungen abgebaut werden. Oder wenn gleichzeitig mehr Gutverdienende und mehr wertschöpfungsstarke Unternehmen in unseren Kanton ziehen. Denn jemand muss auch diese Rechnung am Ende bezahlen.

Dass bei einer Entlastung der Kleineinkommen nicht scharenweise Reiche in den Kanton Solothurn ziehen, liegt auf der Hand. Die Kleineinkommen werden aber die Staatskasse nicht äufnen, wenn sie an Zahl zunehmen. Im Gegenteil: Für sie sind die Ausgaben des Gemeinwesens gewollt höher als die Einnahmen. Deshalb geht die Rechnung nur auf, wenn neben den Kleineinkommen auch die grösseren Einkommen und die Unternehmen steuerlich entlastet werden.

Solothurn muss kein Steuerparadies werden, aber es muss sich endlich aus der Ecke der Steuerhöllen verabschieden. Seine strukturellen Nachteile sind nicht derart gravierend, dass die Nachbarkantone und die reichen Kantone weiter bereit sein werden, uns auch künftig als Entwicklungsgebiet und mit mitleidiger Grosszügigkeit zu behandeln. «Jetz si mir draa» ist ein buchhalterischer und politischer Blödsinn, wenn mit «mir» nicht ALLE Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diesem Kanton gemeint sind.

Die akute Epidemie «Umverteilitis»

In der Bibel steht zwar: «Wer hat, dem wird gegeben.» Richtig ist inzwischen jedoch für Viele von uns: Wer hat, dem wird genommen. Dabei spreche ich nicht einmal von den Steuern, wo dieses Prinzip in seiner reinsten Form auftritt.

Überall, wo in diesem Land eine Tanne etwas höher wächst als die Nachbartanne, wird ihr der Spitz abgehackt. Und weil diese offensichtlich etwas ehrgeizigere oder fleissigere Tanne doch bald wieder die anderen überragen könnte, wird ihr grad sehr grosszügig der Spitz abgehackt. Gemeinden im Kanton Solothurn, die in der Vergangenheit ihr Geld sehr sorgfältig ausgegeben haben und deshalb ihre Steuern senken konnten. Kantone, die viel in ihre Infrastruktur investiert haben wie Zürich zum Beispiel (Flughafen, Universität, zwei neue unterirdische Bahnhöfe etc.) und deshalb ihre Standortattraktivität und in der Folge auch ihre Steuereinnahmen erhöht haben. Kantone, die gestern in die Zukunft investiert und dafür Opfer gebracht haben wie Schwyz zum Beispiel.

All dies sind heute Tannen, die die anderen überragen und deshalb gehörig gestutzt werden müssen. So jedenfalls fordert es die Mehrheit, assistiert von einigen Volksvertreterinnen und Volksvertretern. Zuerst wird dafür gesorgt, dass sich alle darüber empören, dass sich hier Einzelne erdreistet haben, Erfolg zu haben. Ja sogar noch mehr Erfolg als jene Gemeinden und Kantone, die sich darauf beschränkt haben, zu verwalten was war. Sie haben trotz Bibelwissen ihre Groschen vergraben anstatt sie zu investieren. Ihnen fehlte der Fleiss oder der Mut oder die visionäre Weitsicht – oder alle Drei zusammen. Und daran sind die anderen schuld: Wären sie nicht so aktiv gewesen, hätte den Mangel niemand bemerkt.
Deshalb müssen den Erfolgreichen nun die Gipfel gestutzt werden. Das nennt sich politisch «Finanzausgleich». Jeder Förster und jeder Waldbesitzer weiss, wohin das führt. Der starken Tanne kann man den Wipfel stutzen; vielleicht sogar mehrmals. Aber sie wird dabei von ihrer Stärke verlieren. Ihr Wachstum wird ins Mittelmass zurückfallen; vielleicht wird sie sogar krank; und zu arg drangsaliert, stirbt sie gar gänzlich ab. Mit anderen Worten: Eine gewisse Zeit mögen die «Schwächeren» vom Finanzausgleich profiteiern. Wenn sie aber ihre zusätzlichen Mittel erneut nicht wieder zukunftsorientiert investieren, sondern lediglich weiterhin verwalten, werden bald alle miteinander als Verlierer dastehen.

Zwar sind dann alle gleicher als vor der Umverteilungsübung. Doch um den Preis, dass die Steuern immer noch gleich hoch, der Wohlstand aber gesunken sein wird. Ist das die Aufgabe der Politik? Weder ein Biologe noch ein Ökonom wird solches Handeln als weitsichtig und längerfristig erfolgreich bezeichnen wollen. Da können noch so viele Politikerinnen und Politiker applaudieren, weil sie mit ihrer Wahlklientel die Mehrheit verkörpern: Sie führen ihrem Wahlvolk zwar kurzfristig Geld zu. Aber sie schaden mit ihrer Politik unserem Land auf mittlere und lange Sicht. Sie kompromittieren seine Zukunft und damit die Zukunft unserer Kinder. Von der Gleichheit ist noch nie jemand satt geworden.

Steuerpolitik: Von einem zu drei Zehnten und mehr



Unsere Vorfahren haben wegen dem Zehnten Vögte ermordet. Sie haben sich über Jahrhunderte heftigst dagegen gewehrt, dass sie den Zehnten abliefern mussten. Inzwischen haben wir uns daran gewöhnt, dass die meisten von uns nicht zehn, sondern 30 und mehr Prozent des Einkommens an den Staat abtreten müssen. Begründet wird das damit, dass dieser Staat eben laufend neue und noch mehr Leistungen für uns übernehmen müsse.
Mit anderen Worten: statt dass wir selber für unsere sonntägliche Reise zum Beispiel in den Basler Zolli aufkommen, zahlt der liebe Staat den Grossteil der Kosten, nämlich des SBB-Billettes. Das heisst, eigentlich zahlen es ja doch wir alle. Aber unser Geld macht den Umweg über den Bund, bevor es den SBB zugutekommt. Wir geben also unser Geld grosszügig und vertrauensvoll dem Staat, weil – wie die Steuerforderer nicht müde werden zu behaupten – der besser weiss als wir, wie es auszugeben ist. Man kann dem auch mehr oder weniger «freiwillige Selbstentmündigung» sagen.

Wenn Mitbürgerinnen und Mitbürger verlangen, dass der Kanton oder der Bund da und dort und überall «das zahlen» soll. Wenn sie dafür dem Staat auch die nötigen Mittel, sprich Steuern dafür geben wollen. Wenn diese Mitbürger wollen, dass die Steuerrechnungen jährlich höher werden und immer weiter steigen, damit die Staatskasse stets prall gefüllt über Alle ihre Beiträge und Subventionen ausschütten kann. Dann verlangen diese Mitbürgerinnen nichts Anderes als dass wir alle, die steuerzahlende Mehrheit dieses Landes, jährlich mehr entmündigt werden sollen. Nicht wir selber bestimmen darüber, wofür wir unser sauer verdientes Geld ausgeben wollen und welche Annehmlichkeiten wir uns gönnen wollen: Der Staat weiss das in den Augen und Köpfen dieser Etatisten besser und deshalb soll man uns das Geld wegnehmen.

Leider entsprechen die Tatsachen nicht immer den Wünschen: Der Staat kann das Geld niemals so effizient einsetzen für uns wie wir selber. Es regnet vom Himmel wie Regen eben vom Himmel fällt. Selten sehr zielgerichtet. Und zuvor durchläuft es noch all die Stufen der staatlichen Bürokratie und Verwaltung, wo ein massgeblicher Teil schon mal hängen bleibt, bevor es seine eigentliche Wirkung entfalten kann.

Dass der Staat zum Beispiel das Bildungswesen und die Infrastruktur finanziert; dass er für unsere Sicherheit sorgt: All das ist sinnvoll und richtig. Dass er unsere Freizeitausflüge subventioniert oder mit viel Geld die Deckung unseres Zuckerbedarfs sicherstellt, ist völlig unnötig. Den Staat auf seine wesentlichen und wichtigsten Aufgaben zu konzentrieren, ist unabdingbar, wenn wir auch künftig noch von uns sagen wollen: «Wir sind ein freies Volk.» Auch wenn wir die Vögte selber einsetzen, die uns dreimal den Zehnten abverlangen. Am Ende bleibt unsere Freiheit auf der Strecke.